Mein erstes Erfolgserlebnis habe ich kurz hinter der Niederländischen Grenze. Seit dem letzten Törn habe ich ein paar Brocken Niederländisch gelernt und es gelingt mir die Bezahlung in der Landessprache abzuwickeln. Sehr zur Überraschung und Freude der Kassiererin.
Auch den dritten Törn starte ich in Warns. So fahre ich direkt hinter und lade aus, parkte auf dem Parkplatz und suche erst dann den Hafenmeister. Natürlich könnte ich ihn einfach anrufen doch tut es gut ein paar Schritte zu gehen. Außerdem macht es Spaß all die Boote anzusehen. Zum Glück schwimmen nun die meisten wieder im Wasser.
Schließlich finde ich ihn – auf einer Hochzeit im Yachthafen Stormvogel. Breit grinsend kommt er, kaum erblickt er mich auf mich zu.
Das Wetter ist toll und ich erkläre ihm, das ich meine Kleine aufbaue und dann sofort lossegle. Es wäre ja auch eine Schande diesen wunderschönen Abend ungenutzt zu lassen. Und nach meiner Unfreiwilligen Nachtfahrt im März ist auch der Respekt davor gesunken. Selbst wenn ich es nicht bis De Morra vor Sonnenuntergang schaffe – na und? Das Wasser ist jetzt ja sogar warm, den Weg kenne ich und auch nach Sonnenuntergang ist es nicht sofort dunkel.
Und so pumpe ich BEA kurz darauf gleich neben meiner ganz persönlichen Einwurfstelle auf. Jedenfalls weitgehend, den obersten Mastteil spare ich mir. Schließlich muss ich gleich noch durch eine Brücke und ich bin mir nicht sicher ob die letzte Öffnung um 7 oder um 8 erfolgt.
Beim Auslaufen spricht mich die Besatzung einer Segelyacht an. Sie sind begeistert von BEA.
Die Winde sind angenehm und ich freue mich schon riesig aufs Segeln. Doch zunächst muss ich ein paar Meter paddeln, nur bis zur Brücke.
Ich bin gerade unter der Brücke als mich die Welle eines deutlich größeren Bootes nach oben Drückt. Der untere Mastteil schlägt oben gegen die Brücke, BEA ist für wenige Sekunden eingeklemmt. Die Zeit reicht und sie dreht sich.
Mit einem Schulterzucken kletere ich über meine Seesäcke nach vorne und drücke den Bug nach unten. Mit den Händen über mir an der Brücke schiebe ich uns nun unter der Brücke durch. Ein beherzter Schubs am Ende, noch ein, zwei Paddelschläge und schon liegen wir am Ufer.
Jetzt habe ich freie Fahrt. Wenn ich wollte käme ich von hier bis Woudsend. Oder bis kurz vor Sneek. Aber so weit mag ich heute gar nicht mehr. Schließlich bin ich schon mitten in der Nacht aufgestanden. Mein Ziel ist der schöne Marrekrite-Platz am Nordufer von De Morra, gleich in der Nähe. Nachdenklich werfe ich einen Blick auf die Uhr. Vor Sonnenuntergang wird kanpp. Soll ich vielleicht das Segel ganz setzen?
Aber nein, für die Abendstunden sind Böen gemeldet die für BEA grenzwertig sind. Eine kleine Nachtfahrt wäre auch kein Drama. Also reffe ich das Segel direkt bevor ich in den Kanal steche.
Ein angenehmer Wind treibt uns nach vorne. Der Kurs liegt irgendwo zwischen Raumschot und Vorwind. BEA kommt gut voran, zeitweise gleitet sie sogar ein wenig. Verliebt beobachte ich die kleinen Wellen auf dem Wasser, das Schilf, jetzt plötzlich nicht mehr braun-golden sondern grün, die Vögel am Himmel und auf dem Wasser, all die Natur die mich plötzlich umgibt. Es ist so wunderschön.
Hin und wieder sehe ich trotzdem auf die Uhr. In vierzig Minuten soll die Sonne untergehen.
Um kurz vor Acht erreiche ich den kleinen See, auf dem ich im Winter von den Wellen ins Schilf gedrückt werde. Dieses Mal gelingt die Überfahrt problemlos. Einerseits weiß ich jetzt wo die Bojen sind und wie ich segeln muss, zum anderen ist der Wind einfach auch deutlich schwächer. Bestimmt zwei bis drei Windstärken weniger.
Erfreut stelle ich fest das sich der Schilfstreifen den ich unfreiwillig niedergemäht habe erholt zu haben scheint. Auch ansonsten ist es wunderschön hier, so voller Natur. So friedlich. Neugierig begleiten mich die Blicke einiger Pferde während wir gemütlich weiter segeln. Friesland ist einfach ein traumhaftes Revier.
All der Stress, all die Anspannung sind längst von mir abgefallen. Ich bin so überaus glücklich. Was könnte man auch sonst in diesem traumhaften Revier an solch einem schönen Abend sein.
Bald darauf finde ich mich auf dem kleinen Kanalstück zwischen Festland und einer Insel wieder. Sogleich schläft der Wind ein. Glücklicherweise habe ich noch genug Fahrt und treibe, immer langsamer, durch die Landschaft. Nehme die Bilder in mich auf, verinnerliche sie.
Bald passiere ich jene Stelle an der ich BEA im Winter wieder gewassert habe nur um wenige Minuten später De Morra zu erreichen. Die Sonne geht unter und legt ihren orange-goldenen Glanz über die Landschaft. Es ist so wunderschön. Immer wieder klicke ich den Auslöser meiner Kamera und muss mich schließlich selbst ermahnen diesen Traumhaften Augenblick nicht nur durch das Display meiner Kamera zu erleben. Die größeren Boote, die ich zu beginn noch gelegentlich an mir vorbeifahren gesehen habe sind verschwunden. Neben mir ist nur noch ein Jollensegler auf dem großen See.
Was er da macht sieht denkbar sportlich aus, verglichen mit meinem gemütlichen dahintreiben. Am klaren Himmel steht bereits recht hoch der Volle Mond und lässt auch den letzten Gedanken daran vor Sonnenuntergang anzukommen verschwinden. Wofür auch? Der Himmel ist klar, der Mond voll, selbst wenn die Sonne restlos untergegangen ist wird es nicht wirklich dunkel werden. Und es ist doch so wunderschön hier. Ich liebe den Moment. Die frühen Morgen- und die Späten Abendstunden… eine Magie die ich erst bei meinem ersten Törn mit BEA so richtig zu schätzen gelernt habe.
In sicherem Abstand zum Schilf nähere ich mich dem Liegeplatz. So ganz genau erkenne ich nicht wo die Einfahrt zum Kanal ist, erkenne aber einige Hohe Masten. Das sollte es weit genug eingrenzen. Außerdem sollte es schwer sein sie zu verpassen, immerhin folge ich dem Ufer bis ich da bin.
Die große Sonnenscheibe ist bereits hinter dem Horizont verschwunden als ich schließlich den Kanal gleich neben mir erkenne.
Ich März hatte ich hier riesig Platz gehabt, praktisch freie Auswahl. Ich bin noch freie Platzwahl gewohnt und so überrascht es mich, das hier selbst ein Kleinkreuzer keinen Platz mehr finden würde. Ja, schon ein Laser hätte so seine Schwierigkeiten.
Aber BEA ist kein Kleinkreuzer. Und auch kein Laser. BEA ist BEA und so quetsche ich mich schließlich zwischen das Heck des einen und den Bug des anderen Bootes. Ich plane morgen früh aufzubrechen, das sollte schon hinhauen.
Im Schein der Stirnlampe baue ich das Zelt auf und bereite mir anschließend mit dem Campingkocher eine Tüte Pasta zu. Restbestände vom letzten Törn.
Im Winter wäre es nahezu undenkbar gewesen doch nun, bei dem vergleichsweise warmen Temperaturen bleibe ich auf meinem Hocker sitzen und genieße die Umgebung. Genüsslich sauge ich die Atmosphäre auf.
Schließlich geht es dann doch ist Zelt wo ich einige Notizen mache. Ich mag mir noch die Zähne putzen, stelle dann aber fest: Ich habe meine Zahnbürste vergessen!
Und so stelle ich mir nur noch den Wecker bevor meine Äuglein zufallen und ich einschlafe. Morgen habe ich viel vor.
Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 28.08.2015