Schlauchsegelboot – Taugt das was?

Schlauchsegelboote haben allgemein einen schlechten Ruf. Sie sind lahme Enten mit miserablen Segeleigenschaften. Zum segeln absolut ungeeignet. Glaubt so mancher Segler. Aber ist das so?

Wer meine Törnberichte kennt dürfte wissen das man auch mit Schlauchsegelbooten tolle Törns erleben kann. So war ich nicht nur einmal Im Schlauchsegelboot durch Friesland unterwegs – sondern ganze drei mal. Einmal davon sogar im Winter als viele andere Boote noch an Land aufgebockt waren.

Allerdings berichte ich auch dort gelegentlich durch Einschränkungen aufgrund der Segeleigenschaften. Trotzdem weiß ich: Schlauchsegelboote können weit mehr als was ihr Ruf!

 

Wie ist das also jetzt mit der Geschwindigkeit, den Segeleigenschaften, der Haltbarkeit und der Tourentauglichkeit und der Seegängigkeit von Schlauchsegelbooten?

 

Geschwindigkeit

Meine BEA rangiert mit einer durchschnittlichen Fahrtengeschwindigkeit von zwei Knoten recht weit unten. Doch kann auch BEA anders. Würde ich mal das bald 38 Jahre alte Segel (Made in West-Germany) gegen ein neueres ohne Lochmuster austauschen und mich etwas anstrengen wäre auch mehr möglich. Die vom Hersteller angegebene Höchstgeschwindigkeit liegt bei 8 km/h. Für ein 8 Fuß Boot gar nicht schlecht. Wer aber ein schnelles Schlauchsegelboot mag sollte sich nach etwas sportlicherem umsehen. Ich hatte im Frühjahr die Möglichkeit einen Schlauchbootkatamaran zu segeln. Und ganz ehrlich? Das Ding ging ab wie eine Rakete! Ein normales Dickschiff oder eine Jolle lässt man damit locker hinter sich. Den Vergleich zu Festrumpfkatamaranen mag ich mangels Erfahrung nicht stellen, doch wer ein sportliches Schlauchsegelboot sucht wird mit den Schlauchbootkatamaranen sicherlich glücklich. Die 10 Knoten-Grenze wird dabei schon mal überschritten.

 

 

Segeleigenschaften

Und auf welchem Kurz? Raumschots? Mit BEA segle ich eigentlich nie mehr als halber Wind. Am Wind zu segeln ist mit BEA nur bei passenden Bedingungen möglich – und selbst dann nur schlecht. Zum zurückkreuzen auf dem Baggersee reicht es. Beim Fahrtensegeln kommt man damit aber nicht voran. Doch auch dabei sollte man nicht das Uralt-Segel vergessen. Egal ob Schlauchbootsegelboot mit einem oder mit zwei Rümpfen, kreuzen ist möglich. So habe ich erlebt das ein Schlauchbootkatamaran auch gut kreuzen kann. Wie gut oder wie schlecht hängt wie bei Festrümpfern auch vom Bootstyp und dem Zustand ab. Prinzipiell Schlauchsegelbooten schlechte Segeleigenschaften zuzusprechen wäre schlicht falsch.

 

 

Haltbarkeit

Da fährt man doch auf einen Stein und puff! Oder? Das Thema finde ich schwierig. Ich habe BEA schon längere Strecken über Land gezogen, dabei vermutlich auch das eine oder andere Steinchen übersehen. So ohne weiteres sollten die Schläuche also keine Löcher bekommen. Trotzdem ist es natürlich klar das die Schläuche auf spitze Gegenstände empfindlicher reagieren als GFK, Holz oder gar Metall. Ein vernünftiges Schlauchsegelboot geht aber nicht gleich unter nur weil ein Schlauch die Luft verliert. Selbst meine kleine BEA hat zwei Schläuche. Einer von ihnen Reicht um sie inklusive der Maximalbelastung über Wasser zu halten. Außerdem ist so ein Schlauch auch recht schnell geflickt, obgleich ich dies nicht auf dem Wasser machen wollen würde. Ganz so schnell ist’s dann doch nicht. Was die Alterung betrifft würde ich es ganz entspannt sehen. Meine BEA nähert sich den vierzig Jahren – und ist noch immer unterwegs.

 

Tourentauglichkeit

Muss ich dazu was sagen? Es geht und ist eine Sache der Einstellung. Man kann ein 8 Fuß Schlauchsegelboot fürs Fahrtensegeln nutzen und damit glücklich sein. Das ist natürlich nichts für Segler die eine kleine Yacht mit Kajüte, Pantry und allem drum und dran als Daysailer bezeichnen. Es soll aber auch Eigner von Megayachten geben die im Hotel schlafen….

Das Schlauchsegelboote auch für anspruchsvolle Reviere geeignet sind wurde aber bereits mehrfach bewiesen. Mit Schlauchsegelbooten wurden bereits Touren in Norwegen, Grönland und Kanada unternommen. Ja, es wurde sogar bereits das Mittelmeer von Nord nach Süd überquert – an Bord eines Schlauchsegelbootes!

Mit BEA habe ich auf den Friesischen Meeren und Kanälen die gleichen Häfen angesteuert wie die großen Yachten – und noch mehr, den viele gemütliche Kanäle sind aufgrund der Brückenhöhe und der Kanaltiefe für Yachten nicht befahrbar!

 

Seegängigkeit

Hier gibt es meiner Meinung nach keine großen Unterschiede. Selbstverständlich hängt die Tatsächliche Seegängigkeit vom Boot ab, doch auch in Böen von sechs und mehr Beaufort habe ich mich an Bord meiner BEA, kaum waren die Segel unten sehr gut aufgehoben gefühlt. Wind? Welle? Egal, meine kleine schwimmt oben auf und kann vieles ab. Bei Schlauchsegelbooten sollte man aber nie vergessen das sie zwar nicht untergehen, bei einer Kenterung allerdings fast schon pflichtweise durchkentern. Und das nicht nur die Multihulls sondern auch Einrumpfboote. Ganz klar – die Schläuche bleiben ja oben schwimmen. Es gibt zwar Möglichkeit dort gegen zu wirken, doch spätestens wenn man auf Fahrt gehen mag würde ich im Voraus jedem Empfehlen mal das Aufrichten zu üben. Für mich war das eine Umgewöhnung.

 

 

Aber was sind jetzt eigentlich die Nachteile eines Schlauchsegelbootes? Und wo liegen die Vorteile?

 

Nachteile

Ganz klar, tendenziell sind Festrumpfboote unterwegs vergleichbaren Schlauchsegelbooten überlegen. Das ist tatsächlich so. Selbst ich würde mir nicht ein Schlauchsegelboot kaufen um es nur auf einem einzigen Revier zu nutzen und fest in einem Hafen liegen zu lassen. Ein weiter Nachteil ist der Auf- und Abbau. Gerade wenn man mal nur wenig Zeit hat überlegt man es sich zwei mal. Je nach Boot dauert der Aufbau 15 und mehr Minuten. Der Jollensegler ist vielleicht schon mitten auf dem See bis der Schlauchbootsegler aufgebaut hat.

 

Vorteile

 

Dafür spart sich allerdings der Schlauchbootsegler an anderer Stelle viel Zeit: Bei der Instandhaltung. Antifouling, Lack, Holzarbeiten, Streichen? Einwintern? Gibt es nicht. Es gibt zwar durchaus ein paar Kleinigkeiten die manche Schlauchbootsegler machen können – im Vergleich zu dem was bei Festrumpfbooten nötig ist, ist dies aber nur wenig.

Was für mich aber am schwersten wiegt ist die Mobilität. Mal ein anderes Revier erkunden? Kein Problem. Das geht auch ganz spontan, ohne große Planung.

Infrastruktur braucht es nicht viel. Man muss eben irgendwo ans Wasser kommen, möglichst auch mit dem Auto. Ein Schlauchsegelboot braucht weder Kran noch Sliprampe.

Natürlich kann man auch Festrumpfboote an Land transportieren. Egal ob Kielyacht oder Laser, mit entsprechendem Aufwand ist das möglich. Bei einem Schlauchsegelboot packt man allerdings das Boot in den Kofferraum – und nicht aufs Autodach oder gar auf einen Trailer.

Statt einem mancherorts teurem Liege- oder Stellplatz braucht man nur eine Ecke im Keller (oder sonst irgendwo) wo man die Einzelteile abstellen kann. Dadurch ergibt sich auch noch eine weitere Möglichkeit: Wer eine (Segel)yacht oder einen Kleinkreuzer Segelt kann auch ein Schlauchsegelboot an Bord unterbringen. Und mal ehrlich: Wäre es nicht schön Abends in der Ankerbucht noch mal eine Runde segeln zu können statt den lärmenden Außenbordmotor anzuwerfen um an Land zu kommen?

Fazit: Ein Schlauchsegelboot ist nicht für jeden Segler was. Wie alle anderen Boote auch haben Schlauchsegelboote ihre Vor- und Nachteile. Was überwiegt hängt von den persönlichen Wünschen ab. Der zu oft schlechte Ruf wird Schlauchsegelbooten allerdings nicht gerecht, sie können weit mehr als die meisten ihnen zutrauen. Auch ich war zu beginn sehr skeptisch – bin allerdings spätestens seitdem BEA mir den ersten Törn geschenkt hat mehr als begeistert.

 

Wie sieht’s bei euch aus? Habt ihr schon mal ein Schlauchsegelboot gesegelt? Oder darüber nachgedacht? Was ist eure Meinung zu dem Thema?

Lasst es mich in den Kommentaren wissen!