…und plötzlich war er nicht alleine (Teil Zwei)

Recht schnell entscheiden wir uns für ein süßes Abendessen. Waffeln gehen durch den fehlenden Landstrom nicht, doch Apfelpfannkuchen sind kein Problem. Den Teig rühre ich Freestyle an. Mehl, Zucker, Backpulver, Wasser… viel braucht es ja auch nicht. Dann geht es ans Äpfel schälen und schneiden. Eine Teamarbeit. Letztlich lasse ich mich aber verwöhnen. Anna und Denia braten die Pfannkuchen. Nach dem ersten wird zudem der Teig noch etwas verfeinert. Mit Zimt. Eigentlich hatten wir schon früher die Idee, ich hatte aber vergessen ihn in den Teig zu machen.

Mit einem Handmixer versucht Anna noch Sahne zu schlagen. Der Erfolg ist ehr bescheiden, was aber wohl weniger am Mixer denn der Temperatur der Sahne liegen dürfte. In Anbetracht von Erdbeeren und Apfelmark zu den Apfelpfannkuchen aber gut zu verkraften.

Das Essen ist viel zu lecker. Ich genieße es, zusammen mit den sanften Bewegungen des Bootes in der Welle und den netten Gesprächen mit Anna und Denia. Die Zeit vergeht wie im Flug. Knapp zwei Stunden verbringen wir vor Anker. Doch nach Kochen, Essen und Abwasch ist nicht mehr viel davon übrig. Und den Abwasch verschieben kommt nicht in Frage. Immerhin muss alles seefest verstaut werden. Anders als auf dem Hinweg (wo ich es vergessen hatte) sichere ich auch den einen nicht prinzipiell seefesten Schrank. Dies geht dank angeschraubtem Haken und kleiner Leine recht einfach, doch es will dran gedacht sein. Nach ein paar Fotos der Landschaft starten wir den Dieselmotor und heben den Anker. Die Tide ist bereits gekentert,  der Strom setzt langsam Richtung Außenelbe. Das erste Stück kommt Segeln nicht in Frage.

Der Wind pustet uns direkt auf die Nase. Das hat aber auch einen klaren Vorteil: Gut geschützt hinter dem Decksaufbau ist es in der strahlenden Sonne angenehm warm. Und so dampfen wir gemütlich am langsam trockenfallenden Osteriff vorbei. Noch ist es größtenteils von Wasser überspült, nur hier und da schaut schon etwas Sand aus dem sonst ruhigen Wasser.

Schließlich erreichen wir die Außenelbe. Nahe des Fahrwassers gehen die Segel hoch und wir legen Kurs Westsüdwest an. Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Der Wind kommt zwar schon etwas nördlicher als noch auf dem Hinweg – doch es reicht nicht. Und so müssen wir schließlich eine Wende segeln. Anna sitzt an der Pinne, ich bediene die Segel. Die Genua fällt ein, steht back. Einen Moment warten, das Groß kommt über und ich hole auch die Genua auf den Backbordburg. Anna lenkt kurz gegen und wir segeln wieder in Richtung des Fahrwassers. Es ist der bedeutend kürzere Schlag. Wir segeln nahezu Kurs Nord, nur der Ebbstrom sorgt dafür das wir noch strecke gut machen. Doch dann ist das Fahrwasser erreicht und es ist Zeit für die nächste Wende. Ein klein wenig finde ich es schade das wir kreuzen müssen. Einen schönen Kurs anlegen zu können hätte mir besser gefallen. Andererseits stört es auch nicht sonderlich. Und, wie ich mir still eingestehe, es verlängert den Schlag ein wenig. Damit kann ich die Gesellschaft unterwegs länger genießen.

Kurz vor Otterndorf kommt es zu einem Schreckmoment. Das Wasser sollte hier noch knapp zehn Meter tief sein. Doch ein Blick aufs Lot zeigt: Das sind weniger. Fünf Meter – tendenz stark sinkend. Sofort leite ich eine Wende ein, der Diesel wird Angeworfen. Einmal um 180 Grad Wenden und zügig in tieferes Wasser. Zwischenzeitig zeigte das Lot keine drei Meter Wasser mehr unter den Kielen! Was auf Oste noch gut und im Wattenmeer sogar sehr viel Wasser gewesen wäre ist hier auf der Außenelbe fast nichts. Natürlich könnte es sein das wir gleich über eine Sandbank hinweggesegelt wären. Doch das war mir eindeutig zu knapp, wir halten uns lieber frei.

Schließlich können wir eine längere Zeit auf Kurs bleiben. Der Wind hat einen ticken nach Norden gedreht und erlaubt uns endlich Am Wind unserem Ziel entgegen zu segeln – natürlich unter Berücksichtigung des Fahrwassers.

Mittlerweile neigt sich der Abend seinem Ende zu, die Nacht wird bald einbrechen. Wir lassen Otterndorf querab liegen. Zwischendurch übernimmt auch Denia die Pinne, steuert uns sicher außerhalb des Fahrwassers unserem Ziel, Cuxhaven, entgegen.

Mittlerweile nähert sich die Sonne am klaren Himmel zügig dem Horizont. Eine schwache Briese, eine ruhige Außenelbe. Sympatische Gesellschaft. Die Seeluft. Das Gefühl, das ein solcher Moment, wenn man auf See ist und die Sonne den Himmel in rotes Kleid legt zu beschreiben dürfte nahezu unmöglich sein. Es hat etwas ergreifendes. Und es ist für mich das erste Mal das ich diesen Augenblick mit anderen Menschen zu teilen vermag. Was mir als nur schwer vorstellbar erschienen war, das so etwas noch schöner sein könnte, wird nun Realität. Die Kombination aus dem Augenblick und dem Wissen das man ihn teilt ist einfach wundervoll. Und ich kann nur von ganzem Herzen hoffen nicht das letzte Mal mit anderen Menschen zu segeln.

Schließlich nähern wir uns einer Engstelle. Hier reicht das Flach recht nah ans Fahrwasser heran. Zur Sicherheit lasse ich die Maschine starten.

Wir kommen gut durch die Engstelle hindurch. Doch mittlerweile hat der Wind deutlich nachgelassen, ist kaum noch wahrnehmbar. Für echte Fahrt durchs Wasser sorgt er nicht mehr, unser Vorwärtskommen wird hauptsächlich durch die Tide gewährleistet. Nachdenklich sehe ich Anna und Denia an.

„Wir haben praktisch keinen Wind mehr. Sollen wir die Segel bergen und den Motor weiter laufen lassen?“

Nachdenklich sehen sie sich an. Segel ist toll. Aber… es wird kühl und wir treiben deutlich mehr denn wir segeln. Und so beschließen wir schließlich einstimmig die restliche Strecke zu motoren. Es ist vielleicht noch eine halbe bis dreiviertel Stunde unter Motor bis Cuxhaven. Das dürfte gut zu verkraften sein.

Ich berge die Segel währen meine Mitseglerinnen das Boot unter Maschine steuern. Die letzten Meilen bis Cuxhaven steuern Denia und Anna, zwischendurch übernehme auch ich mal die Pinne. Wir unterhalten uns, doch die meiste Zeit genießen wir einfach die Atmosphäre.

Wieder einmal wird mir klar das diese Atmosphäre mir persönlich so viel wichtiger ist als das eigentliche Tun. Was mir so viel bedeutet ist nicht irgendwelche Manöver zu fahren. Segel zu setzen oder zu bergen. Zu steuern, navigieren. Nein, was mein Herz erfüllt sind Stimmungen, Augenblicke, Momente. Erlebnisse. Gefühle. Eben all das, was sich kaum mit Worten, ja selbst nur schwer mit Gedanken erfassen lässt. Das, was man selbst erleben muss. Ziemlich seltsam für einen Blogger. Oder?

Etwa um zehn vor Zehn steuere ich Bea Orca in den alten Fischereihafen und rufe die Brücke an, erbitte die Brückenöffnung für zehn Uhr. Kein Problem.

Kaum halten wir auf die Brücke zu übergebe ich ein letztes Mal die Pinne an meine Mitseglerinnen während ich auf dem Vorschiff herumturne, die Fender raushänge und die Leinen vorbereite.

Wir müssen noch einige lange Minuten warten. Ohne die Sonne ist es mittlerweile recht kühl und auch ich freue mich darauf im Hafen den Stecker einzustecken und endlich die Heizung wieder zu starten. Erst um kurz nach Zehn hebt sich die Brücke und lässt uns in den Hafen. Das Anlegen läuft ohne größere Zwischenfälle ab. Anna und Denia verabschieden sich, sie sind ebenso müde wie ich. Es war ein toller Ausflug der uns dreien sehr viel Spaß gemacht hat.

Glücklich sinke ich in meine Koje, die Heizung hat bereits für ein angenehm erwärmtes Boot gesorgt. Ich hoffe von Herzen in Zukunft öfters mal so liebe MitseglerInnen zu haben….

Leben an Bord. Das bietet immer wieder neue Herausforderungen für mich, kleine und große Abenteuer. Du willst das nicht verpassen? Dann abonniert meinen Blog doch per Mail und verpasst keinen Beitrag mehr! Und für noch mehr: Facebook.

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Sebastian

2 Kommentare

  1. Nun ja – der Wohnort spielt da auch noch ne Rolle 😉 Bin aber mal optimistisch das ich nicht das letzte mal mit gleichaltrigen unterwegs war… 🙂

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