Salzwasser im Boot

Zunächst geht es zum Hafenmeister, wo ich für zwei Nächste bezahle. Früher kann ich auf keinen Fall weiter brauche ich doch ein neues Vorsegel. Von ihm erfahre ich, wo der nächste Bäcker ist um mir ein leckeres Frühstück zu gönnen . Es dauert nicht lange und ich sitze mit Brötchen im Salon und genieße den Morgen. Kaum zu glauben. Morgen. Eigentlich hat der Tag erst begonnen und doch ist schon so viel passiert. Ich fühle mich wie nach einem langen Arbeitstag. Ein Spaziergang durch die Stadt? Dafür fehlt mir im Moment die Kraft. Stattdessen verkrieche ich mich in meine Vorschiffkoje und lese. Schon bald zieht mich das Buch in eine andere Welt und hilft mir den Schockmoment vom Morgen zu verkraften.

Schließlich klappen die Äuglein zu, ich schlafe ein. Erst als um die Mittagszeit mein Magen zu knurren beginnt wache ich wieder auf. Noch verschlafen mache ich mich auf den Weg zum Supermarkt. Ganz Modern, mit Smartphone. Ein wenig fehlt mir ja das „sich durchfragen“. So bequem es auch ist, es verändert doch stark das Verhalten unterwegs. Mal ein Foto für Facebook, dann eine kurze WhatsApp nach Hause. Den Weg zum Supermarkt googlen oder auch einfach auf Facebook die Törns anderer verfolgen. Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst. Ich muss etwas zurück schrauben – weniger Zeit am Smartphone verbringen.

Während ich mich im Supermarkt versorge muss ich an meine Grundberührung vom Morgen denken. Das waren schon Kräfte – kaum vorzustellen wie es sich mit mehr Fahrt im Boot angefühlt hätte!

Der alte Hafen in Brunsbüttel. Zwischendurch schaut auch mal die Sonne heraus.

Der alte Hafen in Brunsbüttel. Zwischendurch schaut auch mal die Sonne heraus.

Ein Böser Gedanke schleicht sich in meinen Kopf. Wie sicher weiß ich eigentlich, dass der Rumpf in Ordnung ist? Da waren Kräfte im Spiel. Klar, von Oben sieht alles gut aus. Aber was ist, wenn ich nicht mit den Kielen sondern mit dem Rumpf direkt aufgelaufen bin? Während ich an der Kasse warte baut sich eine unglaubliche Nervosität in mir auf. Am liebsten hätte ich meine Einkäufe abgestellt und wäre zum Boot geeilt. Dann habe ich endlich bezahlt und mache mich eiligst auf den Heimweg. Kaum an Bord stürze ich ins Vorschiff, werfe die Polster in den Salon und öffne den Wassertank. Der sollte eigentlich leer sein. Nun ja, fast. Etwas Alkohol noch vom Winterlager könnte sich noch im Inneren befinden.

Kaum schiebt sich meine Hand durch die Öffnung ist sie auch schon im Wasser. In mich zieht es sich zusammen. Wie viel das wohl ist?

Aber vielleicht habe ich Glück. Vielleicht hat der Voreigner ja doch noch Süßwasser eingefüllt und es einfach vergessen? Kann ja passieren. Ich nehme die Hand heraus und lecke einige Tropfen ab.

Mein Herz bleibt einen Moment stehen. Salzwasser –mit einem Schuss Alkohol. Wo das wohl her kommt? Ein Sprudeln ist nicht zu sehen doch im Wassertank und dann bei dem Wasserstand… Da hat das nicht viel zu bedeuten. Und ein Sickern wäre auch schlimm genug.

Mein erster Versuch ist simpel. Ich schalte zum ersten Mal die elektrische Wasserpumpe an und öffne den Hahn. Zwar hört man die Pumpe arbeiten, doch nur ein paar Tropfen kommen heraus. Das bringt so nix. Ich schließe den Hahn und schnappe mir eine Handlenzpumpe. Doch im Vorschiff erscheint auch das mir unpraktisch. Vor allem wenn ich bis tief in den eingebauten Wassertank muss. Nein, das einfachste könnte tatsächlich ein Klassiker sein. Und so schnappe ich mir einen Schwamm und eine Pütz, bücke mich über die Öffnung und hohle das Wasser raus.

Es geht zügig voran, ich atme auf. Zumindest wird das Boot nicht so einfach sinken. Zum einen: Ich liege hier seit Stunden und auch wenn es schlimm aussieht: Sooo viel Wasser ist nicht im Boot. Trotzdem, wenn ich schon dabei bin will ich es genau wissen. Und so öffne ich auch die anderen Luken im Vorschiff. Ganz vorne finde ich noch einige Liter Salzwasser – dieses Mal ohne Alkohol. Doch das war’s. Nichts sprudelt oder sickert. Kein neues Wasser dringt ein.

Jetzt wo ich mich beruhigt habe wird mir auch klar, woher das Wasser gekommen ist. Sowohl bei meinem Überführungstörn als auch heute ist etwas Wasser übergekommen. Die Polster im Vorschiff waren danach leicht feucht. Aus den Stellen schließe ich, dass es wahrscheinlich durch die beschädigte Dichtung der Vorschiffluke eingedrungen ist. Bisher hatte ich gedacht das eben ein wenig Wasser ins Polster gesogen ist. Warum ich nicht weiter gesucht habe?

Ich kann es mir selbst nicht erklären. Fast bin ich mir sicher, dass alles gut ist. Aber nur fast. Und so kontrolliere ich erst alle 15 Minuten, dann alle 30 und schließlich jede Stunde ob nicht doch neues Wasser eingedrungen ist. Doch alles ist gut. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr wundere ich mich. Jetzt schwappten da knapp 15 Liter Wasser anderthalb Monate in meinem Boot. Und doch hat sich, bei aller Zeit die ich an Bord verbracht habe, keine hohe Luftfeuchtigkeit gezeigt! Keine beschlagenen Scheiben, kein Schimmel. Nichts. Beeindruckend.

Am Nachmittag stelle ich mich an den Kocher. Heute gibt es was richtiges. Kartoffeln werden gekocht, Dazu gibt es ein Steak, auf dem ich etwas Käse schmelze. Köstlich. Zum runterspülen eine Spezi – so geht Bordküche. Zärtlich denke ich über meine Große nach. Spätestens heute hat sie sich die Bezeichnung „Panzerkreuzer“ redlich verdient. Nicht das ich es wiederholen möchte. Doch ich bin Stolz auf mein Boot. Das kann was ab – und ist damit genau das richtige für mich.

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Später widme ich mich wieder dem Buch und entspann mich im Vorschiff. Unterbrochen wird meine Faulenzerei nur durch ein Telefonat mit dem Verkäufer einer Fock. Morgen will ich zu ihm fahren und sie kaufen. Einmal quer durch Deutschland. Aber wenn dafür mein Törn weiter geht soll es mir das wert sein. Mittlerweile ärgere ich mich auch nicht mehr über den Riss im Segel. Klar, ich hätte mich gefreut, hätte das Segel länger durchgehalten. Aber gehört so was nicht genauso zu einem Abenteuer wie gemütlich im Cockpit zu sitzen und den Sonnenuntergang zu beobachten?

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Die Ereignisse in diesem Beitrag geschahen am 10.08.2016.

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Sebastian

4 Kommentare

  1. Moin Moin Sebastian. Hab jetzt eine ganze Zeit lang hier bei dir gestöbert und muss sagen: tolles (toller?) Blog! Gut gemacht und sehr schön lesbar. Also habe ich gleich mal mein Abo angemeldet. Dir eine schöne Restsaison und Handbreit …
    Gruß, Manfred

    • Hallo Manfred,
      freut mich das es dir gefällt 🙂 Sofern das Wetter mitspielt hab ich ja noch einige Tage auf dem Wasser vor mir – hab sogar noch mal Urlaub… 🙂
      Viele Grüße,
      Sebastian

  2. Sehr nett geschrieben, wie immer. Da leidet man mit. Auf meiner alten MARELD hatte ich auch immer wieder Wasser in der Bilge und die Ursachen waren immer wieder andere.

    • Danke.und: Lalalalala!
      Sobald ich alle lecks im Deck gestopft habe kommt da nie wieder Salzwasser rein! Ganz bestimmt nicht. Weil… Also, weil halt. Wobei von oben ja zum Glück“nur“ ein Schockmoment ist.ich hoffe bei deiner war es nicht von unten eingedrungen?

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