Neuer Tag – Neuer Plan

Recht früh wache ich auf. Gespannt darauf was der Tag bringen wird krieche ich sehr bald aus dem kuschelig warmen Schlafsack und verlasse das Zelt. Es ist Traumhaft. Die Sonne scheint, der Wind ist relativ schwach – also für meine Kleine perfekt – und leicht nebelig. Bald wird es ganz klar sein und schon jetzt sehe ich mehr als weit genug um aufs Wasser zu gehen. Es ist einfach ein schöner Morgen, den ich zu genießen gedenke.

Überrascht stelle ich fest, das an den Graßhalmen gefrorene Wassertropfen hängen. Waren die Temperaturen heute Nacht etwa unter den Gefrierpunkt gefallen?

gefrorenes Graß...

gefrorenes Graß…

Ich bin überrascht.

Eilig Wasche ich mir mit dem Wasser aus dem Kanal die Haare. Dafür benutze ich meine Pütz, die ich immer wieder mit Wasser fülle und dann über meinen Kopf schütte. Brrr…. kalt. Verdammt kalt. Und dann einseifen und noch mehr Wasser rüber kippen. Schließlich höre ich auf und hoffe einfach, das kein Shampoo mehr in meinen Haaren hängt. Und selbst wenn – noch mehr mag ich mir nicht antun. Kurz noch mit dem Handtuch die Haare abtrocknen, dann packe ich meine Sachen und lade alles ins Boot. Überraschender weise hat mein Magen beschlossen ruhig zu halten. Ob es an dem schönen Wetter oder am Fehlen von Lebensmitteln fürs Frühstück (ich habe nur noch Tütenfutter…) weis ich nicht – aber so oder so bin ich recht froh das mir kein knurrender Magen die Stimmung trübt. Denn es ist toll.

Meine erste Haarwäsche ohne Dusche (dieses Törns)

Meine erste Haarwäsche ohne Dusche (dieses Törns)

Unter „Vollzeug“, also einem komplett gesetzten Segel, verlasse ich den Liegeplatz. Beim vorbeifahren erfahre ich von der 2-köpfigen Besatzung des Plattbodenschiffes, das praktisch kein Wind wehen soll. Also: Perfekt für mich! Denn ich bin lieber langsam unterwegs als gar nicht. Oder, noch schlimmer, als unfreiwillig baden zu gehen. Neee, darauf kann ich verzichten. Also Treib-Segel ich den Kanal hinauf. Mein neuer Plan ist relativ simpel: Kleine Tagestouren, immer dem Wetter angepasst, wenn nötig paddeln und nicht segeln – und wo möglich auf Kanäle ausweichen. Nicht das, was ich ursprünglich geplant hatte – aber immerhin hoffe ich, auf diese Weise einen schönen Törn zu haben. Ohne weitere Pannen. Oder zumindest nicht ganz so viele…

An der Brück am Nordende des Kanals nehme ich das Spriet raus. Mit 3 Metern passe ich so gerade durch – doch das Spriet hätte oben gegen geschlagen. Und darauf kann ich gut verzichten.

Hinter der Brücke fange ich an freiwillig zu paddeln. Und zwar aus zwei Gründen. Zum einen kommt hier noch weniger Wind hin als davor – ich bin nun praktisch im Windgeschützten Bereich, da der Wind aus Süden kommt und dazwischen immer wieder Bäume, Häuser und andere Hindernisse stehen. Zum anderen hat mein Magen beschlossen, dass ihm langweilig ist – er will beschäftigt werden und dafür muss ich zum Supermarkt. Und der ist eben in Koudum. Da will ich heute hin.

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Im Hafen angekommen fällt mir als erstes auf, das hier kräftig gebaut wird. Überall stehen Bauzäune und Menschen arbeiten am- und auf dem Wasser. Es sieht sogar so aus, als würde man eine neue Steganlage bauen. Toll für die, die später kommen. Für mich heißt dies, das ich sehr froh bin gestern nicht bis hier her gekommen zu sein. Denn im Moment sieht es nicht gerade schön aus.

Ein etwas älterer Herr, der gerade mit seinem Motorboot beschäftigt war verrät mir, wo ich den nächsten Supermarkt finde. Der Weg dahin ist nicht übermäßig schön. Keineswegs unordentlich, dreckig oder ähnliches. Aber einfach… naja, unspektakulär. Aber vielleicht bin ich ja auch einfach in der Falschen Ecke des Ortes. Nur weil zwei Straßen nicht umwerfend sind heißt dies doch noch längst nicht, das ein Ort langweilig ist.

Neben Brot und Käse kaufe ich auch noch Eierkoken (für heute!) und Vla (für morgen…). Darauf habe ich mich gefreut. Besonders auf den Vla. In Deutschland gibt es einfach keinen so guten Vla. Hier der ist….. jammm….. lecker!

Kurze Zeit später sitze ich im Hafen, lasse meine Beine vom Kai runterbaumeln und genieße mein verspätetes Frühstück. Zwei Scheiben Brot mit Käse, 1 Liter Kaba und Eierkuchen. Dabei überlege ich, wie es weiter gehen soll. Eigentlich habe ich nur zwei Möglichkeiten. Erstmal muss ich nach Osten. Dann kann ich entweder nach Norden abbiegen und hoch nach Workum. Dort möchte ich aber heute Nacht nicht bleiben. Also müsste ich von dort aus nach Süd-Osten. So käme ich aufs Groote Gaastmeer, in dem es mehrere Marrekrite-Plätze gibt. Und auf einigen darf man wohl auch zelten. Workum ist sicher schön – aber ist die Strecke nicht ganz kurz, wenn man bedenkt das BEA unter guten Bedingungen etwa zwei Knoten schafft – also beim Fahrtensegeln. Zum anderen müsste ich dann am Ende ein ganzes Stückchen gegen an. Heute Nachmittag. Wer weis, wie dann das Wetter ist. Noch scheint alles gut zu sein, aber darauf kann ich mich natürlich nicht verlassen.

Alternativ könnte ich auch über den Kanal bis de Fluezen segeln, dort dann ein kleines Stück gegen an paddeln und dann den Rest der Strecke bis zu meinem Ziel segeln. Vorteilhaft wäre, das die Strecke kürzer ist und das Stückchen gegen an (da komme ich heute nicht drum rum!) praktisch gleich wäre. Da bilde ich mir wenigstens ein, das Wetter abschätzen zu können. Nachteil – Seegang. Ich bin den größten Teil der Zeit auf Seen. Und da habe ich nun mal mit Wellen zutun. Worauf ich nach gestern auch verzichten könnte. Landschaftlich, davon bin ich überzeugt, sind beide Strecken gut machbar.

Schließlich lege ich ab ohne genau zu wissen welchen Weg ich wähle. Nur eins weis ich: Das Segel kann ich gleich unten lassen. Hier hab ich eh erstmal keinen Wind – und egal welchen Weg ich einschlage, ich muss erstmal ein kurzes Stück paddeln.

Also los.

 

Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 09.03.2015

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Sebastian