Einhandsegler haben Superkräfte!

Es ist einfach toll hier, an der See. Ich genieße meinen Spaziergang über die Dünen aus ganzem herzen. Besonders als ich die Nordseite der Insel erreiche schlägt mein Herz höher. Für hunderte – oder gar tausende Kilometer nichts als Meer. Kaum vorstellbar für mich.

Trotz aller Faszination – ich wollte nicht nur die See sondern, wenn ich schon mal hier war, auch was vom Inselinneren sehen.

Und so nutze ich die Gelegenheit und biege auf eine Straße, die zum Strand führt ab. Also – Richtung Inselinneres.

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Kaum habe ich die Dünen hinter mir gelassen wuchern Büsche links und rechts der Straße. Hätte ich sie verlassen wäre ich nach wenigen Metern in einen der Büsche gerannt – wenn nicht schon früher.

Nach zwei bis drei Minuten bleibe ich stehen. Warum? Ich treffe jemanden! Nein, nicht einen – mehrere. Na ja, aber nur einen so richtig.

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Gleich neben der Straße ist hier eine Weide – eine Pferdeweide. Mit Pferden drauf. Ein schöner Anblick. Isländer, soweit ich das mit meinen ahnungslosen Augen erkennen kann. Fasziniert und neugierig sehen sie an – und starre auf die gleiche weise zurück. Aber kaum bemerken sie, das ich nichts zum füttern habe laufen sie weg. Alle – bis auf einer (oder eine?). Er (oder sie) bleibt ungerührt stehen und sah mich neugierig an. Es ist weniger ein starren als mehr ein freundlicher Blick. Vielleicht sogar ein lächeln? Nun, jedenfalls scheint er ein guter Zuhörer zu sein. Und da ich gerne Rede (psst! Das weis niiiiemand!) beschließe ich die Chance zu nutzen. Abgesehen von meiner Unterhaltung mit meinen vier Wetterfeen gestern habe ich, seit ich in den Niederlanden bin kein richtiges Gespräch mehr gehabt. Ein wenig Smalltalk – aber kein richtiges Gespräch.

Nur – worüber sollte ich mich mit ihm unterhalten? Was könnte ein Gesprächsthema bei einem Gespräch mit einem Pferd sein? Oh – natürlich! Segeln!

Also beschließe ich ihm von meiner Kleinen, BEA, meinem Törn und den Problemen die ich unterwegs hatte zu berichten. Und – es scheint, als würde er mich verstehen! Was für eine Überraschung! Damit war es bewiesen: Einhandsegeln gibt einem Superkräfte. Das war (ganz klar) die einzige Erklärung dafür. Welcher Nicht-Einhand-Segler hat bitte sehr die Fähigkeit sich mit Pferden zu unterhalten?

Niemand! Also, eindeutig, der Beweis ist erbracht.

Gerne hätte ich meinen Zuhörer (oder Zuhörerin) gestreichelt. Aber was würden die Eigentümer davon halten? Ich weiß, das es nicht jeder Pferdebesitzer mag wenn Fremde sein Pferd streicheln. Also halte ich mich zurück.

Nachdem ich ihm alles für meine Reise erzählt habe sieht er mich fragend an. Es scheint mir so, als würde er mich fragen „War’s das schon? Sonst nichts das du mir gerne erzählen würdest?“.

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Also fange ich an zu denken. Und zu denken. Und zu denken.

Wann hat man schon so einen guten Zuhörer? Einen, der einen dabei so freundlich ansieht, lächelt, hin und wieder nickt und der, da bin ich mir sicher, niemandem verraten wird was man ihm anvertraut hat?

Das ist viel zu selten.

Plötzlich kommt mir eine Idee. Es gibt ein Thema über das ich nur mit wenigen Menschen rede. Meine Pläne! Ja, genau – über die könnte ich doch mit ihm reden! Da habe ich auch eindeutig Redebedarf. Und das beste: Er (oder sie) scheint begeistert zu sein. Vertrauensvoll, ohne mich zu unterbrechen hört er mir zu. Und sieht dabei absolut verständnisvoll aus! Hach, toll, Das passiert mir selten.

Aber nach etwa einer halben Stunde war es an der Zeit mich zu verabschieden. Obwohl er ein echt cooler Kerl zu sein scheint, ich will weiter. Mehr von der Insel sehen. Hm… vielleicht ist das ein Problem von mir: Ich treffe jemand cooles, unterhalte mich angeregt – und laufe dann weg, nur um mir irgend etwas anzusehen. Während ich langsam weg laufe begibt sich mein Freund in die andere Richtung – zu seinen Artgenossen.

Aber kurz darauf bleibe ich stehen. Hier ist eine Bank. Und ich habe Hunger. Also setze ich mich für ein Picknick hin. Es gibt Brot mit leckerem Käse (den ich gestern auf dem Markt gekauft habe). Von hier kann ich immer noch die Pferde sehen. Mein Freund ich bei den anderen Pferden und sieht glücklich aus.

Nachdenklich blicke ich mich um. Es ist schön hier. Und das, obwohl man von hier nicht raus aufs Meer sehen kann.

Kaum hab ich genug gegessen packe ich die Reste ein und mache mich auf dem Weg. Wohin? Keine Ahnung.

Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 15.03.2015

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Sebastian