Die Zeit verging und schon bald bestieg ich die Fähre. Nun würde es zurück gehen. Eine Treppe hoch, dann nahm ich auf der rechten Seite platz und schnappe mir ein Buch. Doch kaum hat die Fähre abgelegt bemerke ich, wie nur wenige Meter neben mir ein paar andere Passagiere eine Tür öffnen. Hinter der Tür führt eine Treppe nach oben – an Deck! Also nix wie hoch, raus, frische Salzluft riechen!
Ein kräftiger Wind weht übers Meer, trägt das frische Märzwetter zu mir. Es ist kühl. Die Aussicht ist unglaublich schön, wie ich finde.
Das wiegen des Bootes im Seegang, der Wind in meinen Haaren… ich bin da wo ich sein will. Auf See.
Kaum sind wir im Bereich zwischen den Inseln wird der Wind noch mal deutlich stärker. Mit dem Wind legt auch der Seegang ordentlich zu. Was eben noch ein sanftes schwanken war wird nun zu einem ordentlichen Geschaukel. Nicht wenige Passagiere halten sich panisch fest, einige gehen unter Deck.
Und ich? Ich bin Happy. Was für ein geiles Gefühl! Jyyhä!
Der Wind ist so stark, das ich mich gegen ihn lehnen kann ohne umzufallen. Aus dem Grau schält sich ein größeres Schiff. Ein Traditionssegler. Genauer: Ein Rahsegler. Es ist die Schönheit mit dem blauen Rumpf, die ich bereits in Harlingen gesehen hatte.
Viel Tuch hat sie aber nicht gesetzt – Angesicht des Windes eigentlich logisch. Ein zweiter Rahsegler schält sich aus dem Grau. Zwei Traditionssegler – Mitte März – bei so einem Wetter? Geiles Bild! Begeistert fange ich an Bilder der beiden zu machen.
Was würde ich nicht dafür geben auf einem dieser Schiffe zu sein – jetzt, in dieser Sekunde. Aktiv mitsegeln – bei dem Wetter geht wahrscheinlich was anderes gar nicht. Und selbst wenn: Da aktiv mitsegeln, teil der Crew sein… das ist bestimmt geil.
Doch alleine schon hier draußen zu sein und dann noch solchen Schönheiten beim Segeln zusehen zu dürfen verursacht in mir ein Hoch der Gefühle.
Ein Mann mit einer Profikamera gibt mir seine Visitenkarte. Wenn ich wolle würde er mir die Bilder schicken die er hiervon gemacht hat. (Sind nicht die hier auf dem Blog).
Dankend nehme ich an.
Schließlich gehe ich wieder unter Deck, Notizen machen. Ich bin ja mittlerweile relativ abgehärtet – doch das da oben ist echt arschkalt! Für den Wind bräuchte ich mein Ölzeug – ich bin einfach nicht dafür angezogen.
Plötzlich erblicke ich aus dem Augenwinkel ein Fischerboot, das direkt vor der Fähre vorbei fährt. Extrem knapp! So schnell ich kann bin ich an Deck – natürlich wieder mit der Knipse in der Hand. Doch dieses Mal verschwinde ich nicht wieder. Auch nachdem das Fischerboot wieder weiter weg ist genieße ich die Aussicht. Ist es nicht schön hier? Der Wind hat jetzt, wo wie die Inseln hinter uns gelassen haben und mitten auf dem Wattenmeer sind nachgelassen.
Irgendwie finde ich mich in einem Gespräch mit einer „Liveaboard“ wieder – also jemandem der auf einem Boot lebt! Stolz zeigt sie es mir – es ist der Hintergrund ihres Smartphone. Bei dem „Boot“ handelt es sich um ein altes Frachtschiff. Das wäre zwar nicht meine Wahl, ist aber doch schön. Angeregt unterhalten wir uns über das Wattenmeer. Dabei könnten die Positionen kaum unterschiedlicher sein. Sie: Lebt auf einem Boot, verbringt jedes Jahr die Sommer mit dem Boot auf dem Wattenmeer, ihr ganzes Leben spielt an und auf der See statt. Ich: War seit vielen Jahren (wenn überhaupt?) das erste mal mit einem Boot auf dem Meer, und bin als Binnenländer hier nur im Urlaub. Und doch, die Liebe zur See verbindet. Begeistert sehen wir raus aufs Meer. Sie erzählt mir von ihrem – sehr spannenden – Leben und ich kann mir den einen oder anderen – vermutlich unqualifizierten – Kommentar nicht verkneifen. Obgleich vielleicht ein ehr ungewöhnliches Thema kommen wir doch auch auf die Wassertemperaturen und gewissermaßen die Körperwäsche während meines Törns zu sprechen. Ich: Wasche mich (mehr oder weniger) mit dem eiskalten Wasser der Kanäle, weil es nicht anders geht. Sie: Geht jeden Tag, Sommer wie Winter in der Natur schwimmen.
Eine Faszinierende Frau und so kommt es, das ich geradezu überrascht bin plötzlich die Hafeneinfahrt vor mir zu sehen. Ich habe, bis auf vielleicht fünf Minuten die gesamte Überfahrt an Deck verbracht. Und es genossen. Während wir uns wieder unter Deck begeben verabschieden wir uns. Erst nachdem sie weg ist wird mir klar, das ich ihr zu keinem Zeitpunkt meinen Namen genannt habe – und sie mir nicht den ihren. Und doch hat es dem Gespräch nicht geschadet. Und Smalltalk war das sicher auch nicht.
Gemächlich verlasse ich die Fähre und begebe mich in die Innenstadt. Eigentlich wollte ich ja… eigentlich hatte ich ja vor…. ach, wem mache ich was vor. Zielstrebig begebe ich mich in „Molly’s“ und genieße mal wieder eine Portion Fritten. Die sind einfach sau lecker da!
Irgendwann bin ich wieder im Yachthafen. Nach dem Zähneputzen geht es ins Zelt. Ich mache die Notizen für den Tag fertig bevor mir die Augen zuklappen. Es war ein ereignisreicher Tag. Ich bin glücklich.
Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 15.03.2015
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