Noch vor dem Frühstück packe ich meine Sachen zusammen. Ich möchte soweit sein praktisch jederzeit die Leinen werfen zu können. Na ja, wenigstens halbwegs. Nachdem das erledigt ist begebe ich mich zum Fährhafen, von wo aus ich aufs Meer schaue. Hier angekommen fällt mir auf, das ich den Käse vergessen habe. Egal. Milchbrötchen und Vla sind auch ein köstliches Frühstück. Es gibt also keinen Grund nur für Käse zurück zu laufe. Während ich langsam esse genieße ich die Aussicht. Es ist einfach schön hier. Traumhaft, geradezu magisch. Einfach unglaublich. Wie soll man so was nur in Worte fassen?
Nach dem Frühstück war es an der Zeit sich loszureisen. Ich weis, das ich los muss – aber mein Herz hält mich zurück. Ankommen am Meer war diesen Mal emotional nicht ganz so extrem gewesen. Jedenfalls nicht auf die art wie letztes mal. Dafür war der Abschied umso schwerer. Fast hätte ich es gar nicht geschafft. Dann kam mir eine Idee. Ich könnte ja ablegen und bis zum Campingplatz rudern. Da festmachen und noch mal raus aufs Meer schauen. So könnte ich den Abschied etwas verzögern. Erst nachdem diese Entscheidung getroffen war gelingt es mir, mich zurück zum Hafen zu begeben. Ohne diese Idee… wahrscheinlich hätte ich Harlingen nicht verlassen. Oder zumindest nicht an diesem Tag. Ich liebe einfach die See. Nicht in einer „joa, sieht nett aus“ art und weise. Egal wie gut oder beschissen das Wetter ist – sie ist einfach immer eine Schönheit.
Zurück im Hafen packe ich meine Sachen aufs „Vordeck“. Oder zumindest versuche ich es – kaum habe ich angefangen (und es ist echt nicht viel arbeit…) werde ich von einigen Anwohnern angesprochen. Neugierig erkundigen sie sich über meine Reise, wo ich war, wo es hingeht. Als sie mich auf einen Kaffee einladen muss ich ablehnen – zum einen will ich los, zum anderen trinke ich keinen Kaffee. Bereits jetzt bin ich etwa eine Stunde hinter meinem Zeitplan. Trotzdem, das Gespräch über Friesland mit diesen Menschen, die ja hier wohnen ist hoch interessant. Bevor ich schließlich die Leinen werfe sprechen sie noch eine Einladung aus. Wenn ich mal wieder hier bin soll ich vorbei kommen.
Während ich durch die Stadt paddle muss ich gegen den Wind ankämpfen. Eigentlich weht heute ja Westwind. Nur… hier in der Stadt, auf dem Kanal wird er scheinbar umgelenkt. Und so kommt der Wind, während ich nach Süden paddle von vorne. Schon irgendwie doof. Es war harte Arbeit – hart, aber gut machbar. Trotzdem hoffte ich, das es nicht den ganzen Tag so weitergehen würde. Zum vergnügen machten das ganze die Schiffe links und rechts am Kanal. Ein wunderschöner Segelboot nach dem anderen lag dort, ein toller Anblick. Harlingen ist einfach eine richtige Hafenstadt, wie gemacht für einen Segler. Ganz klar, das hier ist einer der Gründe warum ich diese Stadt so sehr liebe.
Kaum habe ich die Stadt verlassen wird es leichter zu paddeln. Der Wind kommt jetzt nicht mehr von vorne sondern von der Seite. Ich musste durch mehrere Brücken – segeln war daher nicht möglich. Aber selbst ohne die Brücken, der Wind war deutlich zu stark um auch nur ans Segel setzen zu denken.
Kaum habe ich den Campingplatz erreicht mache ich meine kleine fest und springe an land. Ich weis das ich, wenn ich könnte hier bleiben würde. Alleine der Gedanke an die See… es ist seit ich abgelegt habe nicht leichter geworden. Aber: Auch wenn bereits Personal auf dem Platz unterwegs war, bleiben würde ich nicht können. Denn noch war er geschlossen. Man hatte mir zwar erlaubt anzulegen als ich beim vorbei paddeln gefragt habe, aber auch gleich gesagt das ich nicht bleiben könne. Denn: Geschlossen. Aber das war auch genau der Grund warum ich dies hier als Lösung gewählt hatte, um am Morgen vom Fährhafen weg zu kommen. Hier konnte ich mich verabschieden und war gleichzeitig gezwungen meine Reise weiter zu führen. Ich liebe die See und ich liebe es zu Segeln (oder auch einfach auf dem Wasser unterwegs zu sein) – und diese Beiden Leidenschaften stritten miteinander. Wenn das mal keine Ironie ist… gehen doch diese Zwei bei den meisten Seglern eine wunderbare Symbiose ein… Ich freue mich schon riesig auf den Tag, wenn dem auch bei mir so ist. Denn das hier, dieser Widerstreit der Gefühle – das tut weh.
Oben auf dem Deich bemerke ich, das gerade Niedrigwasser ist. Von hier hatte ich eine viel bessere Aussicht als vom Fährhafen aus. Vor mir das Watt, gleich dahinter das weite Meer… herrlich. Während ich da oben stehe genieße ich jede Sekunde. Es ist einfach ein toller Moment. Wie lange er dauert? Keinen blassen Schimmer – ich hab nicht auf die Uhr gegugt, weder davor noch danach. Ganz egal wie lange es dauern würde, ich würde mir die Zeit nehmen die ich brauchte um mich zu verabschieden, so lange wie mein Herz für nötig hielt. Egal was das bedeuten würde.
Irgendwann war es dann soweit, ich schaffte es mich umzudrehen und zurück zu meiner Kleinen zu gehen. Obwohl ich mich auf die Fortsetzung meiner Reise freute konnte ich ein paar Tränen nicht zurück halten. Ach kacke, ich liebe einfach die See. Und vermisste sie bereits, kaum war sie außer Sicht.
Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 16.03.2015
Zurück zum Anfang des Törns: KLICK
Bilder zum Törn: KLICK
Hier geht’s weiter: KLICK