Mit bester Laune geht es weiter. Diese Schafe mit ihren grünen Popos…. hach, irgendwie lustig.
Gemütlich paddele ich weiter – und weiter, und weiter, stetig höher in den Norden. Die Sonne lacht und es geht mir gut. Klar, wäre toll wenn ich segeln könnte – aber auch so bin ich glücklich. Das gute Wetter, die Natur um mich herum… die Stille. Es ist einfach so schön hier.
Nach etwa zehn Minuten beginne ich nervös zu werden. Laut Karte sollte ihr irgendwo eine Windmühle sein. Aber wo? Anders als letztes Jahr achte ich dieses Jahr sehr auf Landmarken zur Orientierung. Windräder, Hochspannungsleitungen, alles was man aus der Ferne gut sehen kann hilft. Ich wüsste zwar nicht, wo ich mich verfahren haben sollte aber….
…das wusste ich letztes Jahr im ersten Moment auch oft genug nicht. Und bisher hab ich es doch geschafft stets richtig zu sein – das soll bitte auch weiter so bleiben!
Doch egal wie sehr ich den Hals recke, mich verrenke und das Ufer absuche: Keine Windmühle. Verdammt, das kann doch nicht sein! Die Dinger sind riesig, man sieht die doch von weitem! Ich hatte vom Heeger Meer aus doch teile des Rades der Mühle in Woudsend gesehen – und das hier müsste mittlerweile viel näher sein!
Für eine Sekunde überlege ich umzudrehen. Aber was dann? Ich bin richtig, das weis ich. Aber das fehlen der Windmühle macht mich zunehmend nervös.
Gleichzeitig freue ich mich auf die Windmühle. Sie wird schon noch auftauchen – hoffe ich. Und dann ist es die erste dieses Törns die ich aus der Nähe sehe!
Und – mal ehrlich – die Teile sehen schon cool aus. Also – wo bist du , Windmühle?
Plötzlich ist sie gleich querab. Von – wo ist das scheiß Teil bis – direkt neben mir – lagen etwa einhundert Meter. Ich hatte so eine richtige Windmühle erwartet. Mehrere Stockwerke, ein Balkon der Rundum führt, eben so ein großes Teil. Aber nein – nichts da. Hier steht eine Winzlings-Mühle, kaum größer als die, die sich so mancher in den Garten stellt! Und ich Idiot suche so ein großes Teil… kein Wunder, das man diese Mühle nicht aus der ferne sieht – die ist dafür viel zu klein. Aber alleine deswegen irgendwie eine komische Landmarke….
Egal – ich bin richtig und hab meine erste Windmühle gefunden. Das ist doch auch was wert. Und, wenn ich ehrlich bin: Süß sieht sie ja schon aus…
Nun ist es nicht mehr weit und schon bald erreiche ich Easterlittens. Hier soll es einen Hafen und einen Campingplatz geben. Sagt die Karte. Aber ob die schon offen sind? Ich kann es mir kaum vorstellen. Hier, so weit ab vom Schuss… seit ich in Sneek die erste feste Brücke passiert und meinen Mast abgebaut habe, hab ich abgesehen von mir keinen einzigen gesehen, der auf dem Wasser unterwegs war. Wie soll es sich da rentieren hier, in der Vor-Vorsaison einen Hafen oder einen Campingplatz zu betreiben?
Und, mal ganz abgesehen: Wo ist das Ding eigentlich? So groß ist Easterlittens jetzt nicht, also muss das doch irgendwo hier sein…
Dieses Mal muss ich nicht lange suchen. Kurz vor der Brücke am Ortsausgang, an der Linken Seite des Kanals liegt er. Naja, gewissermaßen. Hafen oder Marina ist schon fast zuviel gesagt. Der Kanal ist hier etwas breiter und man kann dort fest machen. Andererseits: Ich kann mir gut vorstellen, dass dies hier in der Ecke reicht. Also: Festgemacht und an Land gegangen. Vielleicht hab ich ja Glück und der Hafen oder der Campingplatz ist offen. Ansonsten gibt es gleich im nächsten Dorf noch einen Hafen – laut Karte. Sollte ich niemanden finden würde ich es dort noch versuchen. Aber, wenn beide zuhaben müsste ich Wild Campen. Und das ist definitiv nur eine absolute Notlösung! Also, mal sehen.
Und tatsächlich: Schon nach wenigen Metern treffe ich den Hafenmeister an. Hafen und Campingplatz gehören zusammen – und Natürlich darf ich bleiben! Beides ist ganzjährig geöffnet (wow – ein ganzjährig geöffneter Campingplatz?!). Ich drücke dem Hafenmeister 9,50 Euro für Zelt und Boot für eine Nacht in die Hand. Freundlich lächelnd erkundigt er sich bei mir ob ich heute oder morgen Duschen will. Keine Frage – meine Schmerzgrenze was Gestank betrifft ist für eine Kanalwäsche noch nicht erreicht, aber unter der Dusche…? Ja! Sofort!
Daraufhin verschwindet er kurz, nur um etwa eine Minute später vor mir zu stehen. Er habe gerade die Heizungen angemacht – in etwa einer halben Stunde wäre das Wasser und der Duschraum warm. Münzen bräuchte ich keine, die Nutzung der Dusche – so lang ich will – wäre im Preis mit drinnen. Yay! Ich freue mich schon auf die Dusche. Um die Zeit sinnvoll zu nutzen baue ich das Zelt auf – direkt neben meiner Kleinen, genau so wie ich es am liebsten Habe. Größere Strecken zwischen Zelt und Boot sind doof, ganz besonders wenn man vom Zelt nicht zum Boot sehen kann.
Anschließend, nachdem ich meine Seesäcke komplett ausgeleert habe, nur um mein Duschzeug zu finden, geht es in den Waschraum. Auf dem Weg dorthin mache ich einen Schlenker aufs Klo. Mein Handyakku ist fast leer – und da ich dieses für Notfälle dabei habe kommt es gar nicht erst in Frage, den Akku nicht geladen zu haben. Immerhin, eine Woche, bei den Temperaturen… das ist doch schon was.
In der Dusche ist mollig warm – so ganz anders als draußen. Am liebsten hätte ich das heiße Wasser stunden über mich laufen gelassen – aber es war ja schon fortgeschrittener Nachmittag und wenn ich schon mal da war, dann wollte ich mir auch Easterlittens ansehen. Also, mittel-zügig bis langsam geduscht und das ganze genossen – Spoiler: Die Einzige Dusche während des gesamten Törns…. – dann zurück zum Zelt, meinen Kram zurück bringen.
Und dann – endlich – kann ich einen Spaziergang machen. Noch vor der Brücke sehe ich den Hafenmeister. Schnell hingeeilt und bescheid gesagt das ich fertig geduscht habe. Die Heizung, die er extra für mich angemacht hat, muss ja nicht für nichts laufen. Dann schaffe ich den Absprung und gehe ins Dorf. Es ist wirklich ein Dorf – kein Supermarkt, keine Geschäfte. Aber: Ein Restaurant, ein Cafe und eine Eisdiele. Bei den ersten beiden wundert mich nicht das sie offen sind – bei drittem schon. Eis? Ihr wollt Eis? Könnt ihr morgens von meinem Zelt kratzen! Eine Eisdiele, im Winter, in einem Dorf… und das soll sich lohnen?
Andererseits: Das gleiche hab ich auch beim Hafen gedacht…
Ansonsten ist Easterlittens ein ehr unauffälliges Dorf. Etwas morbide, aber was mich mit am meisten Fasziniert ist ein Grabstein, der auf dem Friedhof heraus sticht. Grabstein ist das Falsche Wort: Es ist Glas, in der Form der Provinz Friesland! Sachen gibt’s….
Am liebsten hätte ich ein Foto gemacht, aber das erschien mir dann doch respektlos und so wendete ich mich nach einem kurzen Blick ab. Zurück ging es dann am Kanal entlang. Schön hier, gemütlich. Zu meiner Freunde sehe ich Kinder, die auf der Straße spielen. Abgesehen davon: Ruhe. Es ist, wie man sich ein kleines Dorf vorstellt… abgesehen von der Eisdiele und dem Grabstein.
Zurück am Zelt bringe ich etwas Wasser zum Kochen und gönne mir eine Heiße Suppe. Natürlich bleibt am Ende Brühe übrig – und ich bin kein Brühenmensch, also wird diese Weggeschüttet. Kurz überlege ich meine Wasservorräte aufzufüllen, entscheide mich dann aber dagegen. Ich habe noch wirklich viel und mag es nicht übertreiben. Stattdessen setze ich mich vor das Zelt und mache Notizen für den Blog. Ein schönes Abendritual, die Erlebnisse des Tages zu Papier zu bringen.
Während des Schreibens sehe ich immer wieder hoch – zu einem Schönen Sonnenuntergang.
Doch kaum ist die Sonne untergegangen wird es Kühl. Der Wind treibt die Kälte schnell durch die Kleidung und so schlüpfe ich, nach dem Zähneputzen, in den Schlafsack, lese noch ein paar Seiten und schließe dann die Augen.
Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 12.03.2015
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