Auf See

Nach einem leckerem Frühstück (mit Vla) geht es ans Meer. Meine Entscheidung steht: Ich will raus – raus aufs Meer. Spüren wie der Wind das Boot zur Seite legt, den Wind in den Haaren, den Duft in der Nase. Träumen.

Es gibt nur ein Manko dabei: Mit BEA kann ich das nicht machen. Verdammt – ich wage mich beim aktuellen Wetter mit BEA nicht mal Binnen auf dem Kanal zu segeln! Raus ins Watt – und dann noch bei dem Wetter – wäre mit ihr Selbstmord und unverschämt den Seenotrettern (KNRM) gegenüber. Nein, so was machen wir nicht. Stattdessen gehe ich zum Hafen und kaufe mir ein Ticket. Für dieses Mal muss es reichen. Da ich noch eine ganze Stunde warten muss bis ich an Bord kann setze ich mich mit Blick aufs Meer auf eine Bank und lese etwas.

Dann, endlich kann ich einchecken (wenn man das so nennen will). Hin zur Insel geht es mit einer dieser Schnellfähren bei denen ich mir nicht sicher bin, ob die noch fahren oder schon fliegen.

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Obwohl es noch ein ganzes Stückchen außerhalb der Saison ist wollen viele Menschen auf die Fähre und es dauert etwas, bis es alle geschafft haben. Zu meiner Enttäuschung stelle ich fest, das ich nicht an Deck kann. Die Überfahrt muss ich hinter Scheiben verbringen. Was für eine Schande – aber daran kann ich nichts ändern.

Dann ist es endlich so weit. Pünktlich röhrt der Motor auf, alle Türen schließen sich. Bei einem Blick nach Unten fallen mir die Wellen auf, die durchs aufgewühlte Hafenbecken schlagen. Oh man – daneben mit BEA…

Dann geht es los. Zielsicher steuert der Kapitän seine Fähre aus dem Hafen raus ins Wattenmeer. Das Ziel ist Vlieland – aber eigentlich ist das egal. Erst wollte ich eine reine Wattrundfahrt machen – nur gibt es die zu dieser Jahreszeit noch nicht. Nein, wenn ich raus auf See will, das hatte ich erfahren, muss ich die Fähre nehmen. Während eben diese aus dem Hafen heraus schießt fängt mein Herz an zu rasen. Ich bin draußen – auf See. Sicher, es ist nicht so wie ich es eigentlich wollte. Nicht unter Segel. Nicht selbst mal am Steuer stehen (oder sitzen), nix zum dran zuppeln, ich kann noch nicht mal das Meer riechen, hier drinnen. Aber alleine das leichte Schwanken der Fähre und das rauschende Meer gleich da, zum greifen nah…

Wie ein kleines Kind sehe ich aus der Scheibe. In diesem Moment der etwa eine dreiviertel Stunde dauert ist mir alles egal. Ganz egal was mich auf der Insel erwartet, das hier ist’s wert.

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Viel zu schnell schießt die Fähre durchs Wasser. Obwohl ich wohl mehrere Meter über der Wasseroberfläche sitze sammeln sich an den Scheiben zunehmend Spritzwasser. Bei dem Gedanken hier draußen mit BEA zu sein muss ich lächeln. Hach, das wäre ein Abenteuer. Leider eines, das ich nicht überleben würde. Kurz verschwindet das Lächeln, nur um kurz darauf wieder aufzutauchen. Das wird schon werden – das nächste Boot ist in Planung, ich werde raus auf’s Meer fahren. Das steht schon fest – warum also traurig sein? Für hier und jetzt ist das hier toll – und wenn alles gut geht bin ich ab morgen wieder Binnen auf dem Wasser. Mit meinem Boot.

Immer wieder erkenne ich Bojen, die scheinbar nur wenige Meter von der Fähre entfernt im Wasser liegen. Respektvoll denke ich an den Steuermann. Mit so einem Kollos und bei dem Tempo da nix zu versenken – egal ob Fähre oder Boje – das ist eine Leistung. Sicher, der macht das jeden Tag. Trotzdem – Respekt.

Immer wieder mache ich Sandbänke im Watt aus. Es ist irgendwo zwischen Hoch- und Niedrigwasser. Oder zwischen Niedrig- und Hochwasser? Egal, irgendwas dazwischen eben. Gerade so kann ich erkennen, das auf vielen dieser Bänke sich Vögel zusammen rotten. Dann sind die Bänke auch gleich wieder verschwunden – zu schnell ist die Fähre.

Das sanfte Schaukeln wird stärker, kaum nähern wir uns der Insel. Hier, zwischen Terschelling und Vlieland pustet der liebe Petrus ganz ordentlich – die Fähre schwankt wie ein Besoffener. Und ich? Ich freue mich. Ja, das ist ein tolles Gefühl. Obwohl ich hier hinter den Scheiben gut verstaut sitze spüre ich, wenn auch nur ein wenig, die Macht der Natur, die Macht der See. Ein tolles Gefühl – allerdings bin ich jetzt endgültig froh hier gerade NICHT mit BEA zu sein. Mein Gefühl sagt mir, das der Mast gebrochen, die Befestigungen für die Wanten rausgerissen wären noch bevor ich auch nur eine Chance hätte zu kentern.

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Durch die mittlerweile klitschnassen Scheiben kann man Vlieland immer besser erkennen. Ein Mix aus Sand und Grünlichem Gestrüpp, das sich hier auf See vor mir auftürmt.

Kaum fahren wir in den Windschatten der Insel ein, hört das Schwanken auf. Fast jedenfalls – nur noch ein ganz sanftes Schaukeln bleibt übrig. Jene Passagiere, denen das Geschaukelt nicht ganz so gut gefallen hat wie mir atmen hörbar auf.

Schon schält sich der Fährhafen von Vlieland aus dem Grau, das an diesem Morgen über dem Watt liegt. Gerade mal eine dreiviertel Stunde ist es her, dass wir in Harlingen die Leinen losgeworfen haben. Eine Dreiviertelstunde, die ein Buch vor mir gelegen hat. Gelesen habe ich nichts. Zu beschäftigt war ich damit, das ganze in mich aufzusaugen. Nur unterbrochen von gelegentlichen Bildern machen – und schreiben. Immer wieder hatte ich das Bedürfnis Notizen zu machen, zu intensiv waren die Gefühle die auf mich eingeschlagen sind. Das Schreiben war ein Ventil, hat geholfen alles irgendwie zu sortieren.

Ohne Probleme macht die Fähre fest und eine Armada aus Touristen ergießt sich auf die Insel.

Ich bin einer von ihnen.

Die Ereignisse in diesem Teil geschahen am 15.03.2015

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Sebastian

Ein Kommentar

  1. Hallo Sebatian,
    Mein Nahme ist Adrian van Hal.Ich wohne au Lanzarote seit 1972.bin jetzt Rentner und 67 Jahre alt.
    Ich bis ein begeisterter Segler un habe eine westerly centaur 26.
    Der clu ist aber das ich seit 10 jahre en schlauchboot als beiboot habe womit i h auch s hon seit 10″Jahre segel.
    Ic kann mich deswegen deine gefuhlen sehr gut verstehen.
    Wenn Du lust hast schicke mir dein e-mail damit ich Dir einige bilder schicken kann.
    Uebrigens sind wir nicht alleine.es gibt in derUS in Florida ein Unternehmen welche sich auf schlauchboot mit segel
    Spezialisiet hat. Website http://www.sailboatstogo.com
    In der Hoffnung etwas con dir zu hoeren wuensche ich Dir viel Spass und gute Fahrt mit BEA.

    GRUESE adrian van hal

    Bitte entschuldige mein Deutsch

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