Rudernd geht es durch die Stadt. Auf beiden seiten sind Sportboote am Ufer festgemacht. Kleine, offene Boote, große Yachten. Segelboote, Motorboote. Neue und alte. Ein bunter Mix. An Land reihen sich die Häuser aneinander, von denen einige das Wort Historisch mehr als verdienen. Die gut gepflegten Brücken sind ebenfalls ein toller Anblick. All die Häuser schützen den Kanal, um Wind muss ich mich nicht mehr kümmern. Und dank der Motoryacht die mich hier her geschleppt hat bin ich auch wieder bei Kräften. Ich kann es kaum glauben. Ich hatte gezweifelt ob ich es überhaupt schaffen würde. Und wenn, da war ich mir sicher gewesen, erst am Abend. Aber jetzt war erst Nachmittag! Ich würde noch problemlos einkaufen gehen können!
Aber erstmal brauchte ich einen Liegeplatz für BEA und einen Stellplatz fürs Zelt. Notfalls würde ich wieder aus der Stadt raus und zum Campingplatz im Süden paddeln. Aber wenn ich die Wahl habe mache ich viel lieber in Häfen als bei Campingplätzen fest. Die sind nicht nur tendenziell günstiger, die Atmosphäre ist auch deutlich besser. Und in vielen Fällen auch die Lage.
Aber der Hafen ist voll. Fast schon überfüllt. Selbst mit BEA sehe ich auf Anhieb keinen Platz an dem ich festmachen könnte. Jedenfalls nicht problemlos. Da wo ich im März festgemacht hatte sollte es möglich sein. Aber auch da ist es nur mit mühe und not möglich. Fürs erste mache ich am Meldesteiger fest und begebe mich auf die Suche nach dem Hafenmeister. Nur das dieses Mal kein Hafenmeister da ist. Heute hat eine Hafenmeisterin dienst! Wie es scheint wechseln sich die Vereinsmitglieder bei dieser Aufgabe ab.
Etwas überrascht sieht sie mich an, als ich erkläre mit was für einem Boot ich hier angekommen bin – und das ich gerne ein Zelt aufschlagen würde. Schließlich erklärt sie mir ich könne gerne bleiben. Aber zunächst solle ich bei einer Familie auf der anderen Kanalseite fragen da diese eine Wiese hätten wo ich das Zelt deutlich besser aufschlagen könnte.
Nun gut – schnell sind die Leinen gelöst und ich paddle zur genannten Stelle. Auf dieser Kanalseite sind bereits einige Boote festgemacht. Für gewöhnlich hätte ich mich einfach zwischen zwei gequetscht. Das ging bisher immer. Aber nicht so hier. Einen so vollen Hafen hatte ich noch nicht erlebt. Kaum zu glauben – aber selbst für BEA mit ihren 2,40 Meter Länge war nicht genug platz!
Schließlich drehe ich unverrichteter Dinge ab und paddle an jenen Platz, an dem ich bereits im Winter gezeltet hatte. Das Zelt baue ich noch nicht auf. Ich will ans Meer! Jetzt! Sofort! Salzluft schnuppern, dem Rauschen der Wellen lauschen. Raus aufs Meer blicken. Träumen.
Wie schon im Winter führt mich ein Weg als erstes Zum Fährhafen.
Es ist der nächste Ort von dem aus ich das Meer sehen kann. Zwar ist es nicht der Ideale Ort – aber für einen ersten Blick ausreichend. Da liegt es. Das Wattenmeer. Der Winde verwirbelt mein Haar und treibt die leicht salzige Seeluft in meine Nase. Die Niederländer können das hier noch so oft als Binnengewässer bezeichnen. Salzwasser, Gezeiten, nicht geschützt durch Deiche oder Dämme: Das ist die See!
In meinen Kopf löse ich die Leinen und steche in See. Ich weiß längst das ich mehr hiervon brauche. Mehr Meer. Ein paar Tage oder Wochen im Jahr am Meer ist für mich einfach nicht genug. Ich will nicht stunden lang über Autobahnen gurken um am Meer zu sein. Ich will ans Meer. Aufs Meer. Nur wie, das steht noch nicht so ganz fest.
Ein Blick auf die Uhr reist mich aus meinen Gedanken. Die Zeit ist fortgeschritten, bald macht der Supermarkt zu. Wenn ich noch was kaufen will muss ich jetzt dort hin. Sonst ist es zu spät. Kurzerhand überquerte ich die Brücke und kaufe einige Kleinigkeiten ein. Dann geht es in den Yachthafen, wo ich endlich auch das Zelt aufbaue. Das heißt ich wollte das Zelt aufbauen. Doch noch bevor ich dazu komme spricht mich der Eigner einer großen Aluminiumyacht an. BEA, die alte Herzensbrecherin hat mal wieder zugeschlagen. Er ist begeistert, wir unterhalten uns.
Schließlich verabschiedet er sich und ich mache mich an den Zeltaufbau. Statt direkt auf dem Boden lege ich eine Plane unter. Der Boden hier ist mit einer Art gemahlener Muscheln und kleiner Steine belegt. Würde ich das Zelt direkt aufbauen wäre danach der Boden kaputt. Ein anderes Problem sind die Heringe. In dem Boden fassen sie eher schlecht. Doch in Kombination mit meinem Gepäck im Inneren bin ich zuversichtlich das es auch dieses mal reichen wird. Wenn es schon im Winter nicht weggeflogen ist…
Nachdem nun das nötige getan ist geht es für mich zur Dusche. Beim zweiten Anlauf denke ich dann auch an die Duschsachen…
Mit noch feuchtem Haar finde ich mich wenig später auf dem Deich wieder. Mein Ziel: Der Deich vor dem Campingplatz. Da, wo ich mich 2014 auf den Boden gepflanzt hatte und verliebt raus aufs Meer gegugt hatte. Wo ich begriffen hatte das ich Meer will. Es war ein wenig wie eine Pilgerreise.
Der Blick von dieser Stelle unterscheidet sich nicht wirklich von der Aussicht, die man von anderen Stellen auf dem Deich hat.
Trotzdem, für mich war es wichtig. Dort hatte etwas in mir begonnen. Etwas, das schon jetzt einen großen Einfluss auf mein Leben hatte.
Ich mache Fotos, Filme. Dann ist die Batterie leer. Ersatzbatterien habe ich im Zelt, mag jetzt aber nicht zurück. Und so genieße ich einfach die Aussicht. Lasse los. Entspanne mich. Träume.
Als ich mich schließlich auf den Weg zurück zum Zelt mache bin ich kaputt. Es ist als hätte mich jegliche Kraft verlassen. Körperlich wie geistig. Und doch fühlt es sich gut an. Ich bin glücklich. Ich habe das Gefühl da zu sein wo ich hingehöre.
Mit letzten Kräften von denen ich selbst nicht weiß wo sie herkamen mache ich noch meine Notizen. Doch dann fallen meine Augen endgültig zu.
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Ohua..nicht genug Platz trotz 2,40m…hätte ich auch nicht gedacht! Deine Bilder sind wie immer zum davon träumen!
Liebe Grüße,
Martin
Vielen Dank für die netten Worte! Ja, ich konnte es selbst kaum glauben. Ich habe weder davor noch danach einen so vollen Hafen erlebt.
Was das Träumen betrifft: Nicht Träumen, machen!
Grüße,
Sebastian