Glücklich in Heeg

Noch immer kann ich nicht so recht glauben das ich wirklich 1,5 Stunden für die Strecke von der Heeger Innenstadt in den Passantenhaven gebraucht habe. Das sind doch nur ein paar Meter! Zu Fuß keine fünf Minuten.

Schließlich vertreibe ich die Gedanken. Jetzt hab ich’s ja geschafft, bin da. Beim Hafenmeister bezahle ich für eine Nacht, dann geht’s zurück zu BEA um das Zelt aufzubauen. Aufgrund des starken Regens in der Früh ist es noch immer klitsch nass und so lagere ich meine Seesäcke fürs erste lieber neben dem Zelt. Ich kann nur hoffen das es nun lang genug trocken bleibt damit das Zelt einmal richtig trocknet. Ansonsten habe ich ein Problem.

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Während ich die Atmosphäre im Hafen genieße fällt mir ein Motorboot auf, dessen Crew offensichtlich Probleme hat. Positiv fällt auf, das sie ruhig bleiben. Kein herum Geschrei, kein Gezanke. Doch ansonsten läuft doch einiges Schief. Der Versuch in die Box herein zu kommen scheitert immer wieder – in Anbetracht der Tatsache, das die Bugleinen über die Poller hinterm Boot gehangen wurden kein Wunder. Sie verhindern das der Bug in die Nähe des Stegs kommt. Es bräuchte schon mehr als einen beherzten Sprung um die Strecke zu überwinden. Und dann? Anschließend gäbe es kein Weg zurück.

Nachdem bereits der gesamte Hafen zusieht gehe ich zum Steg um meine Hilfe anzubieten.

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Mittlerweile ist der Crew der Fehler aufgefallen und sie legen die richtigen Leinen über die richtigen Pfähle. Doch mit dem Überspringen vom Boot auf den Steg tut man sich schwer – und fragt schließlich mich, ob ich die Leinen annehmen könnte. Klar! Nun ist es kein Problem mehr. Ich ziehe kurz an der Leine bevor ich sie fest mache. Jetzt ist auch der Bug schön nah am Steg, die Besatzung schafft den Rest alleine.

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Im Anschluss geht es zurück zum Zelt. Das ist mittlerweile getrocknet und so kann ich nun auch mein Nachtlager fertig machen. Eigentlich mag ich noch einen Spaziergang durch Heeg machen, doch für den Moment bin ich zu kaputt. Stattdessen lege ich mich hin und lese.

Pünktlich um 17 Uhr bin ich bei den Duschen. Nach dem Anstrengenden Schlag und dem schlechten Wetter das ich heute hatte eine echte Wohltat. Warmes Wasser…. einzig die Tatsache, das hier das Duschen was kostet verhindert das ich übermäßig lange unter dem Strahl stehen bleibe.

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Frisch eingekleidet und geduscht geht es in die Stadt. Erschrocken fällt mir auf, das überall Deutsch gesprochen wird. Sind die Deutschen hier etwa in der Überzahl – oder sind wir einfach nur so laut, das man die Niederländer einfach nicht mehr hört? Jedenfalls ist es mir zu viel, zu laut. Ich will mich entspannen – und sprachlich nicht das Gefühl haben in Deutschland zu sein.

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Hastig ergreife ich die Flucht, verlasse die – zugegebenermaßen schöne – Innenstadt. Statt nach links in Richtung Hafen abzubiegen geht es geradeaus weiter. Schnell verstummen die deutschen Stimmen, die Straße leert sich. Dabei ist es hier genauso schön wie in der Innenstadt! In mancherlei Hinsicht vielleicht sogar noch schöner.

Eine Zeitlang sehe ich an einem Kanal, blicke aufs Wasser. Gemütlich hier. So friedlich.

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Vorbei an kleinen Backsteinhäusern die sichtlich alt, aber doch noch gut in Schuss sind schlendere ich in Richtung Ortsausgang. Zwischendurch biege ich in eine schmale Gasse ein, die mich irgendwie angezogen hat.

Die Häuser sind schön und vor vielen liegen schicke Gärten. Und das beste: Ich bin hier praktisch alleine, kann es genießen ohne mich in einer großen Traube Touristen wiederzufinden. Wobei es ja schon irgendwie seltsam ist – man ist selbst Tourist und sehnt sich doch danach, Orte ohne Touristen zu erkunden…

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Schließlich gebe ich mir einen Ruck, drehe mich um und begebe mich zurück zum Hafen.

Die Zeit bis zum Sonnenuntergang reicht gerade für das Abendessen. Doch einen richtigen Sonnenuntergang gibt es eigentlich gar nicht. Denn die Sonne ist hinter einigen Wolken – und Bäumen – versteckt. Schlimm ist das aber keineswegs. Denn über mir sind nur ein paar Wölkchen, sonst ist der Himmel blau und beginnt sich nun langsam zu verfärben. Der Hafen, mit seinen Booten, Stegen und Enten verschwindet langsam in der Dämmerung. Eine fast schon mystische Atmosphäre legt sich über den Hafen. Nicht nur ich scheine gebannt von dem Anblick zu sein, schnell wird es ruhig um mich herum. Es ist einfach schön. Je dunkler es wird, desto mehr verschwinden die meisten Farben, übrig bleiben nur dunkle Töne. Einzige Außnahme sind ein paar Wolken, die bis zum Schluss von der Sonne angestrahlt werden und Rosa wirken. Der Wind hat etwas nachgelassen und die ganze Umgebung spiegelt sich im Wasser, bis das Licht schließlich auch dafür nicht mehr reicht. So schön. Momente wie dieser sind einer der Gründe, warum ich das Segeln so liebe.

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Schließlich, die Sonne ist schon untergegangen, verkrieche ich mich ins Zelt.

Ich bin glücklich. Ich weiß, was ich will.

Die Ereignisse in diesem Beitrag geschahen am 03.09.2015.

Zurück zum ersten Teil.

 

Sebastian