Sturmsegeln mit BEA

Wieder einmal wecken mich Regentropfen die laut auf die Zeltplane krachen. Ich will heute weiter. Der Hafen hier ist zwar an sich ganz schön – aber ich mag nicht den Tag hier bleiben. Ganz im Gegenteil: Mein Ziel für heute ist Warns – oder zumindest der Marrekrite-Platz an De Morra. Wobei ich natürlich auch nach Workum könnte. So ganz genau weiß ich es noch nicht, doch kann ich das auch unterwegs entscheiden. Auf jeden Fall muss ich in Richtung Warns, denn spätestens morgen Abend sollte ich dort sein. Oder ganz in der Nähe. Mein Urlaub neigt sich dem Ende, spätestens ab heute ist klar: Ich befinde mich endgültig auf dem Rückweg.

Aber immerhin: Ich kann mit ihr noch mal aufs Wasser. Und der einzige Grund, aus dem ich nicht mit einem weiteren Törn mit meiner kleinen in Friesland rechne (zumindest für die nächste Zeit), ist die Tatsache, dass ich hoffe meinen nächsten Törn auf See zu erleben. Und das ist doch auch was!

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Endlich hat es aufgehört zu regnen. Ich mache mich dran das unfassbare Chaos, das ich in nur einer Nacht im Zelt angerichtet habe aufzuräumen und meine Sachen zu packen. Ein kräftiger Wind pustet durch den Hafen, die Plane ist als ich das Zelt abbaue nur noch leicht feucht. Wie es wohl draußen auf dem Wasser sein wird? Routinemäßig schnüre ich meine Sachen auf dem Vorschiff – also dem Bereich zwischen Schwertkasten und Mast – fest. Dann werden die Leinen gelöst und es geht los.

Im Hafen komme ich gut voran. Es steht nur eine ganz kleine Welle die weder BEA noch mich sonderlich beeindrucken mag. Glucksend schiebt BEA ihren Bug vorwärts in Richtung der Hafenausfahrt.

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Wir haben gerade erst den Vorhafen verlassen als sich dies Ändert. Eine hässliche hohe und kurze Welle steht auf dem Heeger Meer, starker Wind pustet übers Wasser und weht das Wasser von den Wellen. Und – wie könnte es anders sein: Wir müssen gegen an.

Kraftvoll tauche ich das Paddel unter Wasser und ziehe durch. Ich kann mich nicht entsinnen wann ich das letzte mal mit BEA bei so einem Wind auf dem Wasser war. Nein – ich kann mich nicht entsinnen je bei so einem Wind mit ihr auf dem Wasser gewesen zu sein. Zumindest in den Böen – die gefühlt 90% der Zeit einfallen – ist der Wind mit Sicherheit stärker als vergangenes Jahr auf dem Sloter Meer. Immerhin: Ich muss nicht weit. Wären da nicht diese nervigen Fischernetze gleich neben dem Hafen, ich könnte mich wohl einfach treiben lassen. Mein Ziel ist die Heeger Innenstadt, nur knapp 100 Meter entfernt.

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Doch der Weg ist mal wieder anstrengend.

Immer wieder knallt BEA mit einem lauten Schlag ins Wellental. Gischt spritzt über das Boot und obwohl es nicht regnet ist mein Ölzeug schon bald klitsch nass.

Wieder knallt der Bug nach unten, für einen Moment sehe ich nur nach das braune Wasser mit den weißen Spitzen. Noch bevor ich reagieren kann schlägt eine weitere Welle hart gegen meine kleine, noch mehr Wasser läuft ins Boot. Mittlerweile sitze ich bis zu den Knöcheln im Wasser.

Das ganze war zu viel für BEA, die Kräfte der Wellen lassen sie schräg Schlagen. Eine weitere Welle fasst sie von hinten und drückt sie zielstrebig auf die Netze zu.

Eilig taucht das Paddel ins Wasser, noch bevor ich auf dem Wellenberg bin habe ich mehrfach durchgezogen. Ich muss wieder Fahrt ins Boot bekommen!

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Nur langsam gelingt es mir wieder auf Distanz zu kommen. Statt wie zuvor schräg gegen den Wind geht es nun direkt gegen an. Und das, obwohl ich mich so von meinem Ziel entferne.

Ein weiteres mal schlägt der Bug meines 8 Fuß Schlauchsegelbootes in ein Wellental, Wasser fliegt übers Boot. Dann ziehe ich mit dem Knie an der Pinne und gehe wieder auf parralellkurs zu den verdammten Netzen. Sonderlich weit muss ich sowieso nicht mehr, dann bin ich an ihnen vorbei.

Erneut macht es einen Schlag, nach einem Fall ins Wellental schaut das Ruder aus dem Wasser und BEA schlägt erneut quer. Der erste Reflex ist eiligst dagegen zu halten. Aber warte, das könnte…

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Um Haaresbreite drücken die Wellen BEA an den Netzen vorbei. Ich warte schon auf das Kratzen von Hypalon an einem der Holzpfähle, bereit mich schnell abzudrücken. Aber nichts. BEA schiebt sich, nun deutlich angenehmer in der Welle liegend an den Netzen vorbei.

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Erleichtert atme ich tief durch. Eigentlich kann es doch jetzt nur noch leichter werden – oder?

Das Paddel verstaue ich im Boot. Obwohl ich das Rigg nicht aufgebaut habe und entsprechend die Fläche die ich dem Wind biete nur aus mir besteht schiebt sich BEA rauschend durchs Wasser. Nicht nur das die Wellen sie deutlich spürbar vorwärts schieben: BEA kommt auf den Wellen immer wieder ins Gleiten! Mit dem Wind von hinten kann ich meine kleine sogar gut steuern! Also: Kurs Heeg. Die Zeit vertreibe ich mir ein paar kurze Videosequenzen zu filmen. Das ist mal ein Speed den meine kleine hier heute drauf hat. Wie stark der Wind wohl ist?

Besonders beeindruckt mich, wie gut sie sich doch in den Wellen verhält. Sanft steigt sie auf und ab, passt sich den Bewegungen der Wellen an. Obwohl das Wetter heute wirklich schlecht ist fühle ich mich absolut sicher mit meiner BEA.

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Langsam nähern wir uns dem Kanal in die Stadt. Ein teil von mir ist traurig. Ich bezweifle das ich während dieses Törns den Mast noch einmal stelle. Und da es von hier bis Warns keine Strecke mehr gibt, bei der ich vor dem Wind unterwegs sein werde, wird dies wohl auch der letzte „Segel“-Schlag für BEA. Immerhin: Dann hat sie ihren finalen Segelschlag eben bei Starkwind absolviert. Eben Starkwindsegeln auf BEA-Art. Hat doch auch was?

Sichtlich geschafft, aber glücklich erreichen wir Heeg. Kaum liegen die ersten Häuser querab verschwindet der Wind weitgehend und ich muss wieder paddeln. Und doch: Trotz der Anstrengung und den eigentlich schlechten Bedingungen: Dieser Mini-Schlag war einfach der Hammer!

Die Ereignisse in diesem Beitrag geschahen am 04.09.2015.

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Sebastian