Mit knurrendem Magen wache ich auf. Doch was soll ich essen? Meine Lebensmittelvorräte sind weitgehend aufgebraucht. Und manches kann man zum Frühstück einfach nicht essen. Zum Beispiel alles, an dem viele Zwiebeln sind. Und Zwiebeln sind eine der wenigen Lebensmittel die ich noch in vernünftigen Mengen an Bord habe.
Schließlich schleicht sich mir ein Lächeln aufs Gesicht. Not macht Erfinderisch. In diesem Fall ist es die Erinnerung, was ich so oder so ähnlich früher öfters gemacht habe.
Crepes. Einfach einen Teig aus Mehl, Zucker und Wasser anrühren und braten. Darauf streiche ich Honig. Lecker. Fast so lecker wie mit Schokocreme – aber die ist längst leer.

Segel hoch!
Während des Frühstücks studiere ich die Seekarte und den Gezeitenkalender. Nach Dorum rein kann ich sowieso erst gegen Hochwasser. Und heute weht tatsächlich mal ein schöner Segelwind! Warum also nicht die Zeit nutzen für einen Schlag durchs Wattenmeer?
Kaum bin ich mit Frühstück fertig schlage ich die Fock an. Dann geht es nach hinten, Groß setzen – und anschließend wieder nach vorne. Ich bin ehrgeizeig, will den Anker heben und lossegeln ohne den Motor zu starten. Die Bedingungen erscheinen mir ideal. Eine leichte Briese, genug Raum um bei einem möglichen Vertreiben nicht gleich auf eine Untiefe aufzulaufen. Was könnte man mehr wollen?
Der Anker bricht problemlos aus. In aller Ruhe hole ich ihn ein, verstaue Kette und Leine im Ankerkasten und hänge den Anker an seinen Beschlag. Dann geht es zurück ins Cockpit, die Fock setzen und Back stellen. Gemächlich dreht sich Bea Orca vom Wind weg – und nimmt fahrt auf. Alles ist gut gegangen, wir verlassen unseren Ankerplatz ohne das ich den Diesel gebraucht hätte.

Blau…
Raus aus dem Dorumertief geht es auf die Robinsbalje. Die Sände zu beiden Seiten sind Robben- und Vogelschutzgebiete. Befahren verboten. Doch hier zwischen, im Tiefen Wasser der Balje kann und darf ich selbst bei Niedrigwasser segeln. Und: Auch wenn ich dort weder hin segeln kann noch darf: Die Sände mit dem Fernglas zu beobachten macht mir riesig Spaß.
Der Wind bläst von hinten und ich beschließe meinen Kurs anzupassen. Rein optisch ist Schmetterling eine schöne Segelstellung – das Vorsegel auf der einen, das Groß auf der anderen Seite. Hat was. Dummerweiße erfordert Vorwindsegeln ohne Bullentalje ein hohes Maß an Konzentration vom Rudergänger. Und ich mag doch mit dem Fernglas Tiere und Wracks beobachten!
Und so beginne ich vor dem Wind zu kreuzen. Erst auf Steuerbordbug auf einen Sand zu, dann eine Halse und auf dem anderen Bug auf den anderen Sand zu. Der Wind ist schwach, wir segeln nur langsam und so habe ich reichlich Zeit die Umgebung zu bewundern und mich einfach nur dahin gleiten zu lassen.

Segeln zwischen den Sänden…
Was für ein Revier. So schön. Und doch: Eine ganze Reihe Wracks, gut erkennbar mit dem Fernglas, zeugen von seinen Tücken. Wieder einmal denke ich mit großem Respekt an die Seeleute längst vergangener Tage. Ohne all die modernen Hilfsmittel wie GPS und – im Wattenmeer vielleicht noch wichtiger – Echolot – hier unterwegs zu sein? Zu Zeiten, als die Seezeichen, so vorhanden, im Watt sicherlich weniger zuverlässig waren? Für mich kaum vorzustellen.
Immer wieder wandern meine Blicke zu den Wracks auf dem Knechtsand. Was für ein Anblick. Beeindruckend. Ich versuche Bilder zu schießen, doch reicht meine Fotoausrüstung nicht im Ansatz. Um diesen Ort angemessen einzufangen müsste ich ein gutes Sümmchen in neue Ausrüstung investieren.
Gerne würde ich näher ran. Aber wie?
Es ist Zone 1. Und die drei-Stunden-Regel greift hier nicht, da es sich um ein Vogelschutzgebiet handelt.. Doch selbst wenn: Die Sände fallen extrem hoch trocken, ich könnte höchstens nahe Hochwasser rüber rutschen. Und dann noch die Wracks… sicher nicht. Nein, ich bleibe lieber im tiefen Wasser, genieße die Natur und bleibe auf Abstand.
Querab vom hohen Knechsand drehen wir um. Ich hoffe nahe Niedrigwasser wieder vor Dorum zu sein. Mit Kurs Südost segeln wir am Wind. Das ich jetzt schon umgedreht habe hat einen einfachen Grund: Ich mag bei Zeiten wieder am Ankerplatz sein um noch ein wenig im Wattenmeer zu Baden.

Zurück geht’s am Wind
Tapfer kreuzen wir gegen Wind und Strom uns vorwärts. Das klappt überraschend gut, stolz tätschel ich meine Große. Und da sage noch einer, Kimmkieler könnten nicht segeln! Also meine kann das wie ich finde sehr gut!
Erst nahe Dorum werfe ich den Diesel an und berge die Segel. Hier zu kreuzen erscheint mir in dem vergleichsweise engem Wasser wenig sinnvoll. Schade eigentlich, denn auch der Weg zurück hat mir viel Spaß gemacht. Heute herrscht perfektes Segelwetter. Es ist warm, an der Grenze zu zu warm, aber eben noch nicht heiß: 28°C, ohne zu viel Luftfeuchtigkeit. Dazu angenehme 3 Windstärken, ein Traum zum Segeln. Und natürlich ein blauer Himmel über dem Wattenmeer. Was könnte Fahrtenseglers Herz höher schlagen lassen?

…
Während wir uns dem Ankerplatz nähern schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Einfach nur segeln. Raus, irgendwann umdrehen und wieder dahin wo man her kam. Segeln um des Segeln willens. Es ist gut, das ich heute nicht in aller Früh nach Dorum rein bin. Diesen Tag nicht wenigstens ein paar Stunden zu segeln wäre ein echter Verlust gewesen.

Ich geh segeln….
Fahrtensegeln ist toll. Aber manchmal – ja, manchmal, da muss Segler eben einfach um des Segelns willen segeln.
Die Ereignisse in diesem Beitrag geschahen am 24.08.2016.
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