Rezension: Seefieber.

Auf der Hanseboot traf ich mal wieder meine Lektorin Susanne vom millemari.-Verlag und bekam von ihr ein Buch geschenkt. Vermutlich kennen es die Segler unter euch schon, immerhin ist es gewissermaßen ein Klassiker der Segelliteratur. Für mich war es, man mag es kaum glauben, das erste Buch dieses Autors. Mehr noch: Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich kaum etwas über ihn gewusst, selbst den Namen hätte ich nur schwerlich zuordnen können. Schande über mein Haupt: Rollo Gebhard war mich nicht wirklich ein deutlicher Begriff.

Dies änderte sich bereits nach wenigen Seiten. Nach dem letzten Interview das Rollo Gebhard vor seinem Tode gab sowie dessen eigenem Vorworts beginnt das Buch mit seinen Reisen mit Solveig, einer Hansa-Jolle. Ein schickes Boot, bis heute erfreut es sich eine gewissen Beliebtheit. Doch bei dem was Rollo Gebhard mit ihr vor hatte hätte sich wohl damals wie heute kaum jemand für dieses Boot entschieden. Zunächst berichtet er von seinem Probetörn in der nördlichen Adria. Doch schon bald geht es los mit seiner ersten Langfahrt. Mit besagter Hansa-Jolle will er von Italien aus lossegeln. Doch sein Ziel ist nicht etwa die Italienische Küste oder Frankreich – nein, Rollo Gebhard hat größeres vor. Der Orient reizt ihn. Und sein Fernziel: Indien!

Man stelle es sich vor: Ein Boot mit Schwert, eine Jolle, zwar verhältnismäßig Seegängig, doch trotzdem eine Jolle. Und damit von Italien nach Indien?!

Es verwundert den Leser nicht übermäßig das Rollo Gebhard schon bald alleine segelt. Blauwassersegeln in einem so einfachem Boot, dann gar einer Jolle – das ist wohl nur für besonders verrückte Vögel etwas.

Von Italien aus geht es über Tunesien und Libyen nach Ägypten. Von hier weiter durch den Suez-Kanal ins Rote Meer. Damals bereits ein ausgesprochen heißes Pflaster. So wundert es eher wenig, das seine Reise nicht etwa wie geplant in Italien sondern hier ihr Ende findet. Nach einer glimpflich abgelaufenen Entführung beschließt er selbst, das weitersegeln nicht zu verantworten wäre. Eine Entscheidung die nach den Vorkomnissen zuvor, sei es Bürokratischer und Menschlicher Natur oder auch Nautischer inklusive einer Kenterung, wohl nicht zu Früh getroffen wurde. Und doch: Sicherlich keine Leichte Entscheidung, besonders für einen Mann wie Rollo Gebhard der offensichtlich nicht leicht aufgibt.

Anders als die meisten Segelbücher endet dieses allerdings nicht mit der Reise. So erzählt Rollo munter davon wie es war nach Hause zu kommen – und von seinen neuen Plänen. Denn diese hat er eindeutig.

So wurde schließlich Solveig II gekauft, eine Caprice. So mancher kennt sie vielleicht schon – mit einem eben solchem Boot ist auch Shane Acton um die Welt gesegelt – einige Jahre später. (Die Rezension zu seinem Buch findet ihr hier).

Nach einem Schlag über den englischen Kanal sowie einem Probetörn zwischen Italien und Griechenland sollte es endlich los gehen. Das Ziel: Einmal über den Atlantik! Und das in einem solch kleinen Boot! Man mag es sich kaum vorstellen.

Von Gibraltar aus geht es über Marokko auf die Kanaren – und von dort tatsächlich in die Karibik! Schließlich findet die Reise ihr Ende in New York.

Zwei unglaubliche Reisen in einem Buch. Doch was dieses Buch wahrhaft besonders macht ist etwas anderes.  Zum einen sind in der überarbeiteten Fassung Auszüge aus den Logbüchern Rollo Gebhards, die meiner Lektorin bei der Überarbeitung vorlagen enthalten. Teils abgetippt, teils eingescannt nehmen sie einen live mit aufs Boot. Seine Worte, zur Zeit als sie geschahen – und nicht „nur“ ein bedeutend später geschriebenes Buch. Doch bedeutend wichtiger noch ist etwas anderes.

Rollo Gebhard ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Man saugt seine Worte förmlich in sich auf. Beim Lesen selbst stellt sich die Frage ob Wahrheit oder Fiktion gar nicht. Man ist, für Reiseberichte in dem Ausmaße schon ungewöhnlich, gefangen in der Geschichte. Man das Buch gar nicht mehr fortlegen. Hinterfragen? Wer würde schon einen Roman hinterfragen?
Und doch: Dies ist nicht irgend ein Roman, eine fiktive Geschichte. Nein. Dies ist ein Reisebericht, nicht nur beruhend sondern gefüllt mit tatsächlichen Erlebnissen eines Menschen. Es ist die Geschichte eines Menschen den man sich so gar nicht vorzustellen vermag. Eines Abenteurers, eines Aussteigers, eines Seglers. Eines Menschen der sich wohl in so gar keine Box zwängen lässt. Und der zudem noch ein begnadeter Autor ist.

Ich kann das Buch nur jedem ans Herzen legen. Zunächst ist es einfach ein wundervoller Reiseroman der es nicht nur Geschafft hat mich als Liebhaber nordischer Reviere für die südlicheren zu begeistern – sondern sein Buch gar zu einem meiner absoluten Lieblingsbücher gemacht hat.

Doch auch wer mit Reisen allgemein und Segeln im Besonderen nicht viel anzufangen vermag sei dieses Buch empfohlen: In Zeiten in denen die Staaten Nordafrikas immer wieder in den Medien vorkommen ist es geradezu faszinierend einen Reisebericht von jemandem zu lesen, der eben diese Länder vor einem halben Jahrhundert bereist hat.

Zusammengefasst: Wer Seefieber. noch nicht kennt sollte es lesen. Und wer es nicht tut – der verpasst etwas.

Hier geht’s zum Buch.

 

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Sebastian

7 Kommentare

  1. Noch einer: „Tagedieb und Taugenichts“ von Hugo Wehner. Tolles Buch!

  2. Japp. Hausner. Ein wirklich cooler Hund. Unbedingt lesen!

    Holger

  3. Hallo Sebastian, ich dachte die Bücher von Rollo stehen in jedem Bücherregal eines lesenden Seglers.
    Da gibts noch mehr ältere, sehr lesenwerte Perlen aus der Feder der segelnden Autoren.
    Da ist einmal Wolfgang Hausner mit seinen drei Büchern, unbedingt lesen! Leider nur noch antiquarisch erhältlich.
    Bernard Moitessier, „der verschenkte Sieg“, hat mich sehr gefesselt und zuletzt Friedel und Ursel Klee, die von den Reisen mit ihrer Vagant erzählen, „und immer mal wieder liegt Land im Wege“ und „Die Welt ist noch weit. Neue Reisen mit der ‚Vagant“
    Die beiden Bücher bekommt man derzeit gebraucht unter 2 Euro bei Amazon. Sehr lesenswert!

    Gruß, Jörg!

    • Okay, der verschenkte Sieg habe ich hier auch in meinem kleinen Bücherregal auf Bea Orca. Wolfang Hausner sowie Friedel und Ursel Klee sind mir aber noch kein Begriff…. Aber irgendwann komme ich hoffentlich auch noch dazu 🙂

      Viele Grüße,
      Sebastian

  4. …. es gibt noch einige weitere Bücher von Rollo ( und später Angelika ) und ihren Reise, die sehr lesenswert sind!

    Holger

    • Stimmt. Hab zumindest eines davon auch schon gelesen. Komme aktuell nur zu wenig zum lesen… :/ Mein Verlag – millemari. – hat die Rechte an allen Büchern der beiden erworben und legt eines nach dem anderen neu auf. 🙂

Kommentare sind geschlossen.