BEA: Spielball der Wellen

BEA’s Bug hat den Kanal noch nicht richtig Verlassen als mir klar wird, dass das Anstrengenste für heute noch vor mir liegt. Das Heeger Meer. Wie schon beim ersten Mal, als wir hier waren, steht eine böse Welle. Doch im Vergleich zu heute war sie vor einem Jahr harmlos. Eine hohe, Kurze Welle erfasst BEA, hebt sie hoch und lässt sie mit einem lauten Knall ins Wellental krachen.

Wums.

Ein Wunder das ich nicht der einzige hier draußen bin. Ja, noch nicht einmal die einzige Jolle! Ein Stück voraus segelt ein Polyfalk. Die Fock wurde wohl schon längst geborgen – wenn sie denn heute überhaupt gesetzt wurde, das Groß ist gerefft. Man kann wohl guten Gewissens behaupten das ich, würde ich mein Segel setzen mehr Tuch oben hätte.

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Wums.

Erneut kracht BEA ins Wellental, ein Schwall Wasser kommt über. Aber egal, das Ölzeug hält weitgehend dicht und ich bin schon lange vollgeschwitzt.

Wums.

Erschrocken stelle ich fest, das wir uns in Richtung Schilf bewegen. Und dann sind da auch noch Angler – mit den kaum zu erkennenden, spitzen Haken die irgendwo hier auf mich lauern! Nichts wie…

Wums.

…weg. Ich lege mich ins Zeug, ziehe das schwere Holzpaddel mit aller Kraft durchs Wasser. Ich muss raus – weit raus. Fischernetze verhindern das ich unter Land zum Hafen komme.

Wums.

Nur langsam schiebt sich BEA vorwärts, immer wieder endet die Fahrt abrupt. Der Fall vom Wellenberg ins Wellental ist immer besonders nervtötend, für einen Augenblick kann ich BEA nicht steuern. Sie wird abgetrieben und…

…Wums

Droht wiederholt querzuschlagen. Verbissen starre ich voraus. Wie weit ich wohl noch raus muss? Sobald ich um die Fischernetze rum bin wird es leichter. Dann kommt der Wind – und vor allem die Wellen – von der Seite.

Wums.

Ich habe mich mittlerweile vom Schilf entfernt doch je weiter ich raus komme, desto schlimmer wird es. Das Ganz bedarf meiner vollen Konzentration. Besonders die Fischernetze, auf die ich nun zu treibe machen mir Sorgen. Auf keinen Fall will ich mich darin verfangen. Grimmig taucht das Paddel immer und immer wieder unter.

Bum.

Mit einem Rums ist BEA gegen einen der Pfosten, zwischen denen die Netze gespannt sind gedonnert. Mit meinem Hintern drücke ich gegen die Pinne, meine Arme ziehen das Paddel durchs Wasser.

Nach wenigen Metern habe ich es geschafft. Der Letzte Pfosten liegt querab, jetzt geht es zur Hafeneinfahrt. Und sobald ich die hinter mir habe, sollte es ruhig werden.

Statt ins Wellental zu krachen wird BEA nun sanft angehoben und abgesetzt. Das ganze gleicht einer Achterbahnfahrt – aber immerhin sind die Bewegungen jetzt verhältnismäßig sanft und gleichmäßig.

Plötzlich sehe ich aus dem Augenwinkel, nur wenige Meter neben mir einen Pfosten. Ich hänge fast schon wieder in den Netzen.

Argh…

Mit einer gewissen Wut im Magen ziehe ich kurz an der Pinne und paddle erneut gegen den Wind. Wie doof kann man eigentlich sein? Klar heben mich die Wellen nicht einfach nur hoch und runter. Ich kenne doch meine Kleine. Die lässt sich von so was abtreiben!

Kaum habe ich eine gewisse Distanz zwischen mich und die Netze gebracht geht es die letzten Meter bis zur Hafeneinfahrt. Kaum bin ich drinnen, verschwinden die steilen Wellen. Die kleinen, die jetzt noch da sind stören weder BEA noch mich sonderlich. Ohne Probleme schiebt meine Kleine ihren Bug durch sie, leise glucksend. Stolz tätchel ich ihren Schlauch. Immer wieder bin ich überrascht was sie doch abkann.

Endlich bin ich im Hafen. BEA war lang genug Spielball der Wellen. Ein paar wenige, kräftige Schläge bringen mich zu einem freien Liegeplatz am Rande des Hafens. So blockiere ich keine Box. Dabei sehe ich, was hier im Winter gebaut wurde: Eine Art Bootsgarrage, unter der einige schöne, hölzerne Plattbodenjollen festgemacht sind. Ein schönes Bild.

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Dann bekomme ich das Land zu greifen und mache BEA fest. Geschafft. Vorausgesetzt der Hafenmeister besteht nicht auf einen anderen Liegeplatz war es das für heute. Ich hab keine Kraft mehr – alleine das ich den kurzen Schlag, ein- höchstens zweihundert Meter, übers Heeger Meer noch geschafft habe wundert mich. Hier will ich bleiben – zumindest für eine Nacht.

Die Ereignisse in diesem Beitrag geschahen am 03.09.2015.

Zurück zum ersten Teil.

Sebastian