Gegen jede Vernunft

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Es ist als würde jemand Eimerweise Wasser über uns ausleeren. Dicke Regentropfen schlagen auf das Zelt ein, ein weniger Hochwertiges Zelt wäre wohl längst im inneren nass. Ob das wohl noch aufhört? Nicht das ich ein Problem mit Regen hätte wenn ich auf dem Wasser bin. Klar, Sonne ist schön. Gar keine Frage. Aber nur weil es regnet werde ich heute nicht hier bleiben. Doch das Zelt bei Regen abzubauen scheint mir keine gute Idee zu sein. Warum kann ich mir selbst nicht so ganz erklären.

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Denn selbst wenn es aufhört wird es Stunden dauern bis es trocken ist. Und die werde ich sicher nicht warten. Doch im Inneren kann ich ja schon mal klar Schiff machen. Wie immer habe ich es innerhalb nur einer Nacht geschafft ein fürchterliches Chaos zu veranstalten. Wie mache ich das eigentlich?

 

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Endlich. Es hat aufgehört zu regnen. Schnell kommen die gepackten Seesäcke aus dem Zelt. Kaum sind sie draußen ist die nächste Regenfront da. Tja, Pech gehabt – das müsse sie jetzt ab können, während ich mich noch einmal ins Zelt verkrümmel.

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Der Schauer, obgleich es wieder aus Eimern schüttet, zieht schnell vorüber. Also wieder raus. Ein Blick nach Westen zeigt, das die nächste Front schon heraneilt. Schnell ist das Zelt abgebaut und eingepackt, die Seesäcke auf BEA festgezurrt und die Leinen gelöst. Das Ölzeug liegt griffbereit. Aber vielleicht habe ich ja Glück und das war es mit dem Regen? Man kann ja mal hoffen…

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Das erste Stück des Weges ist mir bereits bestens bekannt. Ich war hier schon einmal – im Winter. Damals wehte nicht einmal eine schwache Briese. Wäre es doch nur wieder so. Aber heute hab ich Wind auf die Nase. Und das selbst hier, zwischen den Häusern, wo es doch halbwegs geschützt ist.

Besonders gut gefällt es mir nicht. Ein hässlicher Ölfilm schwimmt auf dem Wasser. Von einer Yacht aus gesehen mag das ja nicht so schlimm sein. Doch für mich ist er zum greifen nach – und ein Teil davon wird sicherlich durch eines der Lecks den Weg ins innere finden. Na klasse.

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Hinter dem Yachthafen löst sich der Film bald auf. Unter einer Brücke hindurch nähere ich mich dem Ortsausgang. Endlich, gleich bin ich wieder in der Natur. Nur noch eine Brücke – eine feststehende – dann habe ich es geschafft. Endlich!

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Ich sehe die dunklen Wolken erst, als es zu spät ist. Es schüttet. Für einen Sekundenbruchteil überlege ich mir das Ölzeug anzuziehen, entscheide mich aber dagegen. Dauert zu lange – bis ich das anhätte, wäre ich bis auf die Unterhose nass. Man könnte mich wohl ausfringen wie einen nassen Lappen. Stattdessen lege ich mich ins Zeug und paddle was geht. Es sind nur noch wenige Meter bis zur Brücke. Zwar ist die Hose schon etwas feucht aber jetzt, unter der Brücke bin ich geschützt vor dem Regen. In Ruhe ziehe ich mein Ölzeug an. Oder zumindest versuche ich es. Denn der Wind, der von vorne unter der Brücke hindurch pfeift treibt BEA immer wieder nach Hinten, gefährlich nah an die Wasserwand aus Regen. Und so muss ich immer wieder mich nach vorne arbeiten bis ich endlich Wasserfest verpackt bin. Weiter geht’s. So ein bisschen regen kann mich doch nicht aufhalten!

Jedenfalls versuche ich mir das einzureden. Irgendwie wäre mir Sonne aber doch lieber. Und am besten ein anderer Wind…

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Die Brücke liegt hinter mir. Und mit ihr die Straßen und Häuser der Stadt. Vor mir liegt ein Stück Kanal und dahinter zwei größere Seen, gleich im Süden von Sneek. Es ist schön hier. Trotz des strömenden Regens und dunklen Wolken soweit das Auge sehen kann. Wobei, das will nicht viel heißen – eine graue Wand verhindert, das man sonderlich weit sehen könnte. Bereits auf dem Kanal bremst mich ein ordentliher Wind. Doch kaum liegt er hinter mir und ich bin auf offenem Wasser ist es aus mit vorwärts kommen. Um jeden Meter muss ich kämpfen, meine Geschwindigkeit nähert sich dem Nullpunkt. Verbissen stemme ich mich gegen den Wind, will unbedingt weiter. Eigentlich war für heute Stadtbesichtigung in Sneek geplant. Aber das hab ich ja gestern gemacht. Heute will ich unterwegs sein. Auch wenn das Wetter schlechter ist als gemeldet.

Neben mir ist noch ein anderes Boot auf dem Wasser. Zwei Fischer haben im Windgeschützten Bereich am Schilf geankert und seine Leinen ausgeworfen. Für mich bedeutet dies, dass ich noch weiter raus muss um mich von den spitzen Haken freizuhalten. Zwar heißt es, BEA könnte auch mit einem Schlauch noch schwimmen. Testen mag ich das aber eigentlich nicht.

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Immerhin, mittlerweile hat es aufgehört zu regnen. Doch der Wind, der bleibt. Und so muss ich jede der sich mehr und mehr aufbauenden Wellen mühevoll erklimmen bevor BEA, kaum hat sie den Berg erreicht wieder ins Tal knallt und dabei nahezu ihr gesamtes Tempo verliert. Es ist anstrengend, kräftezehrend. Obwohl es kühl ist, beginne ich zu schwitzen. Im T-Shirt wäre das warm – doch im Ölzeug….

Ausziehen ist aber – zumindest im Moment – keine Option. Ich würde spürbar abgetrieben werden. Nein danke.

Mittlerweile bin ich draußen auf dem offenen Wasser und versuche zu Navigieren. Nur nicht verfahren. Es gibt nur wenige Bojen und diese sind für mich weit voneinander entfernt. Es dauert schnell eine halbe Stunde um von einer Boje zur nächsten zu kommen, zeitweise werde ich auch gute Stücke zurück getrieben. Jeder Meter ist erkämpft und entsprechend erschrocken bin ich, als plötzlich nicht weit von mir entfernt Inseln auftauchen. Inseln? Aber die sind doch nicht auf der Karte verzeichnet! Entweder ich bin hier falsch – oder die Inseln sind es. Ich darf nicht falsch sein – also sind es die Inseln. Ich darf einfach nicht…

Meine Kräfte haben mittlerweile stark nachgelassen. Wie soll ich es nur bis zum nächsten Kanal schaffen? Bei dem Wind und der Welle, durchgehend auf offenem Wasser, ohne die Möglichkeit irgendwo schutz zu suchen… ich weiß nicht, ob dafür die Kraft noch reicht.

Ich bin querab der Inseln, ein umgeknickter Baum ist so nah das ich ihn schon fast greifen kann als mir die Idee kommt. Ich halte mich einfach hinter den Inseln! Davon ausgehend das es wirklich Inseln bin kann ich so ein gutes Stück näher zum Kanal kommen ohne mit Wind und wellen zu kämpfen. Und wenn ich falsch liege… nun, hinter den Inseln ist es geschützt. Und ich brauche eine Verschnaufpause.

Die in diesem Beitrag beschriebenen Ereignisse geschahen am 03.09.2015

Zurück zum ersten Teil.

Sebastian

2 Kommentare

  1. Ist es nicht herrlich romantisch bei Regen allein in der Natur, wenn sich alle anderen in ihren Häusern verkriechen ? Danke für die schönen Regenfotos. (Sonne ist natürlich auch schön).

    • Danke. ? Dabei hab ich vom optisch schönsten gar keine Bilder – da war ich vollauf mit paddeln beschäftigt ?
      Grüße,
      Sebastian

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