Harlingen

Direkt an der Küste gelegen, eine wunderschöne Altstadt über der die Masten alter Traditionssegler herausragen – Harlingen. Die Stadt ist mein persönliches Tor zum Meer, bei all meinen Törns mit BEA kam ich hier am Meer an. Doch Harlingen hat mehr zu bieten als nur die Aussicht übers Wattenmeer, bei der man an guten Tagen bis zu den friesischen Inseln sehen kann. Denn Harlingen ist eine historische Hafenstadt die mehr als einen Besuch wert ist.

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Bereits aus der Ferne lockt Harlingen an. Hier liegen viele Schiffe der braunen Flotte, ganzjährig recken sich die hohen Maste von Plattboden- und Rahseglern über die Dächer der Stadt. Unwillkürlich fühlt man sich erinnert an Zeichnungen von Hafenstädten die vor Hunderten von Jahren gemalt wurden. Und auch beim näherkommen wird man nicht enttäuscht. Die große Altstadt ist durchzogen von Kanälen und Hafenbecken. Links und rechts der Straßen reiht sich ein historisches Gebäude an das nächste. Alte Geschäfte und Kontore, Relikte längst vergangener Zeit. Und doch, noch immer genutzt. Bei einem Spaziergang durch die Gassen kommt man nicht umhin die Schönheit dieser Bauwerke zu bewundern. Egal ob Wohnhaus, Geschäft, Cafe oder Kirche, sie alle sind es Wert bewundert zu werden.

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Doch nicht nur Wassersportler verharren in den Häfen. Neben einigen Yachten und ein paar Fischern liegen hier, mitten in der Stadt jene Schiffe, deren Masten schon aus der Ferne zu sehen sind. Genüsslich streifen die Blicke über die Plattbodenschiffe, ihr Gaffelrigg, die großen Schwerter. Sie sind gut instand gehalten, obgleich die Schilder ihr Alter verraten. Alle sind alt, so manches hat die hundert Jahre bereits überschritten. Doch dann wandert der Blick weiter und findet schließlich einen der Rahsegler. Das Rigg alleine ist ein Traum, all die Segel verlangen Respekt vor der Crew, die sich hier noch zurecht findet. Die Schiffe sind mehr als Fahrzeuge, sie sind wahre Schönheiten und immer wieder sieht man, wie Bilder von ihnen gemacht werden.

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So schwer es auch einem fallen mag, irgendwann muss man eine Pause machen, etwas essen. Es gibt zahlreiche Restaurants doch wer mag, findet auch gleich im Hafen einen Supermarkt. Im gleichen Hafen liegt auch meine Lieblings Frittenbude: Molly’s.

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So schön die Stadt ist, man ist hier am Wattenmeer, das will genutzt werden.

Während Niedrigwasser kann man gleich neben der Stadt zu einer Wattwanderung starten. Und selbst im Winter ist man hier nicht unbedingt alleine. Es ist einer schöne Ecke, der Blick vom Watt wandert zwischen dem Antlitz der Stadt mit ihren hohen Masten und der See hin- und her. Die Luft ist leicht salzig und überall ist Leben. Es ist wunderschön.

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Aber Achtung! Wer zu weit raus geht sackt auch schnell ein, der Rückweg wird dann sehr schwer. Dies musste ich auf die harte Art lernen.

Zumindest das Schuhwerk, wer so unvorsichtig ist wie ich vermutlich auch die restliche Kleidung ist nun schmutzig. Also zurück zur Unterkunft. Für Camper gibt es gleich neben Harlingen, auf der anderen Seite des Deiches einen Campingplatz. Mit wenigen Schritten ist man vom Campingplatz aus am Meer. Beim Campingplatz gibt es auch die Möglichkeit flache Boote festzumachen.

Für die meisten Segler und so manchen Motorbootfahrer ist der Campingplatz allerdings nicht erreichbar, feststehende Brücken verhindern die Durchfahrt.

Doch warum sollte man mit einem eigenen Boot auch dort hin wollen?

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Mehrere Häfen mit Sanitäranlagen mitten in der Altstadt, zwischen den traumhaft schönen Traditionsseglern laden zum bleiben ein. Wer lieber in einen Gezeitenunabhängigen Hafen mag findet dies gleich hinter der Schleuse auf Steuerbord, den Hafen des Harlinger Yachtclubs. Hier durfte ich auch im Sommer wie im Winter mein Zelt aufstellen – eine Garantie dafür, dass dies einem erlaubt wird gibt es nicht. Die Möglichkeiten sind zudem bescheiden, der einzige Ort wo ein Zelt hinpasst bietet denkbar ungünstigen Untergrund. Gute Heringe und eine Plane, um den Zeltboden zu schützen sind nötig.

Wer ohne Boot und ohne Zelt Harlingen besucht findet sicherlich in einem der Hotels eine Unterkunft.

Von Harlingen aus kann man auch einen Ausflug zu den friesischen Inseln Vlieland und Terschelling unternehmen. Die Überfahrt mit der Fähre ist mehrmals täglich möglich, besonders glücklich ist hier natürlich wer die Strecke mit dem eigenen Boot zurücklegen kann.

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Vorschnell sollte man Harlingen aber nicht verlassen. Jeden Samstag findet mitten in der Altstadt ein Wochenmarkt statt. Egal ob Blumen, Fisch, Käse oder ein anderer Gaumenschmaus, hier wird man fündig. Ich habe mit der Beratung am Käsestand sehr gute Erfahrung gemacht, probieren war kein Problem.

Wer nicht auf einen Samstag warten mag um Käse zu kaufen findet eine große Auswahl im Kaaswinkel, wo die Auswahl mindestens ebenso groß ist. An dieser Stelle mag ich einen Käse empfehlen: Brokkel. Der Käse ist wirklich alt, in Scheiben bekommt man ihn nicht mehr geschnitten. Trotzdem: Köstlich. Würzig.

Von Harlingen aus lohnt sich auch ein Ausflug den Deich entlang nach Süden, in Richtung Abschlussdeich. Die Strecke ist schön, auf dem Wasser kann man je nach Jahreszeit die Segelboote auf ihrem Weg beobachten. Gelegentlich kommt man an einigen Schafen vorbei die das Graß vom Deich fressen. Wer besonders viel Zeit hat, vielleicht auch mit dem Fahrrad unterwegs ist könnte einen Ausflug bis nach Makkum genießen. Die Strecke vom Abschlussdeich bis Makkum auf dem Deich ist ebenfalls absolut sehenswert.

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Doch ein anderer Punkt, deutlich näher an Harlingen kann ich ebenfalls jedem empfehlen. Der Vorhafen, in dem ebenfalls einige Schiffe liegen ist durch einen Deich geschützt. Ein geteerter Weg führt den Deich entlang, vorbei an Booten der Polizei, KNRM (Seenotrettung) und Traditionsseglern. Doch das Ziel liegt ein Stück hinter den Booten. Es geht immer weiter bis man ganz am Ende angekommen ist. Ein Ort mit einem wunderschönen Rundumblick. In die eine Richtung liegt das Wattenmeer, praktisch bei jedem Wetter wunderschön. In die andere Harlingen. Alle Boote die vom Wattenmeer nach Harlingen fahren oder von Harlingen ins Wattenmeer wollen kommen hier vorbei. Und so ist es ein perfekter Ort um die Schiffe zu beobachten. Vom Kleinkreuzer über Traditionssegler bis zu den riesigen Fährschiffen kommt hier alles vorbei und ist auch längere Zeit in Sicht. So mancher Segler setzt hier ganz in der Nähe seine Segel.

 

Doch was ist bei Nacht?

Das Nachtleben in Harlingen habe ich nicht sonderlich ausgekundschaftet. Trotzdem kann und mag ich hierfür einen Tipp geben. Erneut ist es das Ende des Deiches der den Vorhafen schützt. Überall auf dem Wattenmeer leuchten und Blinken Lichter, sie weisen der Schifffahrt ihren Weg.

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Dreht man sich um liegt vor einem Harlingen. Man ist schon ein Stückchen draußen, hat eine Aussicht die sonst nur Boote haben. Die Stadt ist erleuchtet. Ein wundervolles Bild, ganz anderes als bei Tage. Nicht schöner. Nicht weniger schön. Einfach ganz anders. Auf dem Weg zum Deich und zurück streift man durch die Straßen der Altstadt, abgesehen so mancher Seitengasse ist es auch hier gut beleuchtet. Nicht nur Straßenlaternen, viele Gebäude haben ebenfalls eine Beleuchtung.

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Sommer oder Winter?

Beides! Ich habe Harlingen sowohl im Winter (März) als auch im Sommer (August/September) besucht. Manche Unterschiede waren merkbar. So waren die Häfen in Harlingen zwar für den Winter, verglichen mit anderen Häfen in Friesland sehr gut gefüllt. Trotzdem war gut Platz. Die Einheimischen waren noch mal freundlicher als im Sommer – was wahrhaft eine Leistung ist, sind sie doch auch im Sommer unglaublich freundlich. Selbst wer Ölzeug trägt wird nicht gleich als Tourist eingestuft, wird man angesprochen geschieht dies auf Niederländisch. Es ist ruhiger, weniger los, nicht so viel Trubel.

Doch hat es auch Nachteile. So hatte ich im Hafen keine Dusche, der Campingplatz war noch geschlossen. Natürlich war es auch kühler, das Wetter unzuverlässiger. Gerade bei einer Wattwanderung laden die niedrigen Temperaturen nicht so sehr ein und läuft doch einmal etwas in die Stiefel wird es sofort eisig.

Im Sommer ist das Wetter besser, die Tage länger. Es ist mehr los, die Straßen können sich füllen. Mir wurde es zwischenzeitlich zu voll in der Stadt, wobei nach mehreren Tagen mit nur wenig Menschenkontakt und vielen Stunden auf dem Wasser ich auch anderes gewöhnt war. Im Supermarkt wird man schnell auf Deutsch angesprochen. Der Hafen gleich hinter der Schleuse war als ich am Nachmittag ankam eigentlich schon voll, nur mit Kreativität war es noch möglich für BEA – mein 8 Fuß Schlauchsegelboot – einen Liegeplatz zu finden. Es war während all meiner Törns mit ihr das einzige mal, das ich fast keinen Platz in einem Hafen gefunden hätte. Dafür hat alles geöffnet, man ist auf die Touristen gut eingestellt. Dank der höheren Temperaturen macht es doch mehr Spaß Ausflüge zu unternehmen und sich auch mal irgendwo hinzusetzen um die Sicht zu genießen. Im Winter fiel dies bei mir dank der Temperaturen doch nur sehr kurz aus.

 

Sonstiges: Wer selbst kein mobiles Internet hat und mal kurz ins Internet will findet im Tourismusbüro einen öffentlichen Computer mit Internetzugang.

 

Fazit: Harlingen ist weit mehr als nur ein Zwischenstopp zu den Friesischen Inseln. Ich empfehle jedem die Stadt und ihre Umgebung einmal zu erkunden – und sich dafür Zeit mitzunehmen. Die Altstadt, die Traditionssegler, das Watt – und wer mag findet außerdem noch einige Museen. Von all den bezaubernden Hafenortschaften die ich in Friesland besucht habe (Beiträge zu diesen folgen) ist Harlingen meine liebste.

 

Mit diesem Beitrag nehme ich an der Blogparade von Lynn (http://lieschenradieschen-reist.com) zum Thema Hafenstädte Teil. Schaut doch auch mal bei ihr und den anderen Bloggern vorbei!

 

Wart ihr schon mal in Harlingen? Habt ihr noch weitere Tipps? Lasst es mich in den Kommentaren wissen.

Sebastian